London – Die Aktienmärkte der Eurozone haben am Donnerstag sehr kräftig von überraschend gesenkten Leitzinsen und anderen Massnahmen der Europäische Zentralbank (EZB) profitiert. Der EuroStoxx 50 startete eine Rally und beendete den Handel mit einem Aufschlag von 1,81 Prozent auf 3277,25 Punkten. Der französische Cac 40 legte um 1,65 Prozent auf 4494,94 Punkte zu.
Knapp zwei Prozent gewann der spanische Ibex-35-Index und um knapp drei Prozent ging es für den FTSE Mib in Italien nach oben. Der Londoner FTSE 100 übersprang zeitweise die Marke von 6900 Punkten und erreichte einen neuen Höchststand seit Januar 2000. Letztendlich aber ging er kaum verändert aus dem Handel mit plus 0,06 Prozent bei 6877,97 Punkten.
Während die Notenbank Grossbritanniens den Leitzins unverändert bei 0,5 Prozent beliess und das laufende Anleihekaufprogramm fortsetzen wird, wurden für die Eurozone einige Schritte zur Ankurbelung der Wirtschaft bekannt gegeben. Überraschend senkte die EZB die Leitzinsen auf neue Rekordtiefs und erhöhte den negativen Einlagensatz von minus 0,1 auf nun minus 0,2 Prozent. Das hat Konsequenzen für Banken, die Geld lieber horten als es verleihen. Sie müssen dies nun teurer bezahlen.
Darüber hinaus will die EZB noch in diesem Jahr Kreditverbriefungen und Pfandbriefe in einem Volumen von bis zu einer halben Billion Euro aufkaufen, um so die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Über den Sinn all dieser Massnahmen äusserte sich Jan Holthusen, Experte für Zinsen und Anleihen bei der DZ Bank, allerdings skeptisch: «Die Massnahmen haben überrascht und vermitteln den Eindruck von Aktionismus.
Unter den Branchen Europas gab es keine Verlierer. Bevorzugt wurde nach den Überraschungen seitens der EZB die Bankenbranche im Stoxx Europe 600 , die um 2,24 Prozent zulegte. Intesa SanPaolo und Unicredit etwa waren mit einem Plus von jeweils mehr als fünf Prozent die Favoriten im Leitindex der Eurozone, gefolgt von den Papieren der Societe Generale, die um 4,15 Prozent zulegten.
Schlusslicht war der Gas- und Ölsektor mit plus 0,37 Prozent, der von kräftigen Verlusten der BP-Aktie belastet wurde. Die Papiere fielen im «Footsie» um knapp sechs Prozent auf 486,07 Pence. Bei 453,80 Pence hatten sie zeitweise den tiefsten Stand seit Ende Oktober 2013 erreicht. Der US-Bezirksrichter Carl Barbier aus Lousiana warf dem Ölkonzern grob fahrlässiges Verhalten im Zusammenhang mit der Explosion der Bohrplattform «Deepwater Horizon» vor. 2010 hatte dies zur grössten Ölpest in der US-Geschichte geführt. Nun drohen dem Konzern hohe Strafzahlungen.
Die Anteilsscheine von Standard Life stiegen an der «Footsie»-Spitze um rund 8 Prozent und profitierten vom Verkauf des kandadischen Geschäfts des Versicherers. (awp/mc/upd/ps)