London – Vor wichtigen Notenbanken-Sitzungen und den Wahlen in den Niederlanden haben sich die Anleger an den europäischen Börsen am Dienstag weiter zurückgehalten. Nach zuletzt zwei orientierungslosen Handelstagen sank der EuroStoxx 50 um 0,47 Prozent auf 3399,43 Punkte. Der Leitindex der Eurozone fiel damit knapp unter die Marke von 3400 Punkten zurück, behauptet sich aber dennoch weiter auf dem höchsten Niveau seit Dezember 2015.
An den Länderbörsen waren die Vorzeichen ebenfalls rot. Der französische CAC 40 verlor 0,51 Prozent auf 4974,26 Zähler, während der FTSE 100 in London nur vergleichsweise knapp um 0,13 Prozent auf 7357,85 Punkte nachgab. Nach der Brexit-Zustimmung im britischen Parlament hatte der britische Leitindex zuvor phasenweise im Plus gelegen. Er profitierte dabei vom schwachen Pfund, das britische Produkte im Ausland tendenziell verbilligt. Dies erwies sich aber nicht nachhaltig als ausreichende Stütze.
Bei den geldpolitischen Entscheidungen macht am Mittwoch die US-Notenbank Fed den Auftakt. Eine Leitzinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte gilt dabei als so gut wie sicher. Spannend wird dann ausserdem der Wahlausgang in den Niederlanden. Einiges spricht aber dafür, dass der rechtsliberale Regierungschef Mark Rutte am Ruder bleibt – wenn auch mit neuen Koalitionspartnern. Dem Rechtspopulisten Geert Wilders werden kaum Chancen eingeräumt, da bisher keine andere Partei mit seiner PVV koalieren will.
Im europäischen Branchenvergleich schlugen sich Aktien, die am Markt als eher weniger konjunkturempfindlich eingeschätzt werden, am Besten. In den Gesundheits-, Lebensmittel- und Konsumgüterbranchen war eine leicht freundliche Tendenz zu beobachten. In der Sektorwertung unter Druck standen dagegen die Finanzwerte, deren Teilindex Stoxx 600 Banks mehr als 1 Prozent verlor.
Noch grösser waren am Ende die Verluste bei Öl- und Gasaktien, deren Teilindex mit minus 1,68 Prozent unter dem abrutschenden Ölpreis litt. Der Preis für das «schwarze Gold» ging am Dienstagmittag auf Talfahrt, weil Saudi-Arabien seine Fördermenge erhöhte – trotz eines laufenden Programms zur Produktionskürzung. Aktien von Eni und Total gehörten im EuroStoxx mit Abgaben von 1,23 und 1,70 Prozent zu den grösseren Verlierern.
Titel des Energiekonzerns Engie büssten ausserdem im EuroStoxx 1,35 Prozent ein. Gerüchten zufolge interessieren sich die Franzosen für die Ökostrom-Tochter Innogy des deutschen Konkurrenten RWE. Letztere Papiere hatten in Frankfurt deutlichen Aufwind davon verspürt – auch wenn RWE klarstellte, die Mehrheit an Innogy behalten zu wollen.
In Amsterdam schlossen die KPN-Titel knapp mit 0,25 Prozent im Plus, nachdem der niederländische Telekomkonzern seine Beteiligung an Telefonica Deutschland über einen Aktientausch auf 9,5 Prozent reduziert hat. Wie am Vorabend nach Börsenschluss vermeldet, wurden die Papiere in jene des spanischen Mutterkonzerns Telefonica eingetauscht. Dessen Titel sanken am Dienstag um 1,36 Prozent.
Eine positive Ausnahme waren die Prudential-Aktien, die in London nach der Zahlenvorlage um rund 3 Prozent stiegen. Der britische Lebensversicherer hat seinen operativen Gewinn im vergangenen Jahr gesteigert und dabei von starken Zuwächsen im Asien-Geschäft profitiert. UBS-Analyst Arjan van Veen sprach von einem «starken Abschneiden».
Über kräftige Kursgewinne konnten sich in London ausserdem die Aktionäre von SIG freuen. Die Titel des Baustoffkonzerns rückten nach Zahlen und der Ernennung von Meinie Oldersma zum neuen Vorstandschef um mehr als 7 Prozent vor. (awp/mc/upd/ps)