London – An Europas Börsen haben die Anleger nach der jüngsten Erholungsrally erst einmal Kasse gemacht. Den Anlass dafür lieferte der amerikanisch-chinesische Handelsstreit, der am Montag mit dem Inkrafttreten weiterer gegenseitiger Strafzölle nun auch offiziell die nächste Stufe erreichte. Zudem schürten Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi am Nachmittag Ängste vor steigenden Zinsen, welche tendenziell die Attraktivität von Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren schmälern.
Der EuroStoxx 50 schloss 0,59 Prozent im Minus bei 3410,44 Punkten. Zuvor war der Leitindex der Eurozone zehn Handelstage in Folge gestiegen. In Paris sank der Cac 40 zu Wochenbeginn um 0,33 Prozent auf 5476,17 Punkte, während der Londoner FTSE 100 um 0,42 Prozent auf 7458,41 Zähler nachgab.
Nachdem die USA Strafzölle auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar in Kraft gesetzt haben, sind nunmehr die Hälfte aller Wareneinfuhren von dort mit Sonderabgaben belegt. Als Vergeltung verhängte China umgehend eigene Extrazölle auf Einfuhren aus den USA im Wert von 60 Milliarden Dollar. Ihr Umfang ist geringer, weil die USA gar nicht so viel nach China exportieren. Zudem legte Peking die Handelsgespräche mit Washington auf Eis.
Europas oberster Währungshüter Mario Draghi lieferte derweil Hinweise auf ein baldiges Ende der extrem lockeren Geldpolitik. In einer Anhörung vor dem Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments nannte er die Entwicklung der Verbraucherpreise ohne schwankungsanfällige Komponenten wie Energie und Nahrungsmittel «relativ kräftig». In der Vergangenheit war die Inflation im gemeinsamen Währungsraum trotz rekordtiefer Zinsen und einer beispiellosen Geldflut durch die Notenbank lange Zeit ungewöhnlich niedrig gewesen und stieg erst in den vergangenen Monaten wieder stärker an.
Aus Branchensicht hatten am Montag Besitzer von Medienaktien in Europa am meisten Grund zur Freude: Der Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 gewann 1,35 Prozent. Hier schlug vor allem der knapp neunprozentige Kurssprung von Sky zu Buche, der die Aktien in London an die Spitze katapultierte. Der US-Kabelgigant Comcast gewann den Milliarden-Übernahmekampf um den britischen Bezahlsender gegen den US-amerikanischen Murdoch-Konzern 21st Century Fox . Grösster Verlierer in Europa war hingegen der konjunktursensible Autosektor, dessen Index um 1,52 Prozent nachgab.
Auch die anderen kursbewegenden Unternehmensnachrichten kamen aus Grossbritannien. Die Anteilssheine des Goldminenbetreibers Randgold sicherten sich mit einem Plus von rund 6 Prozent den zweiten Platz im FTSE 100. Der kanadische Branchenkollege Barrick Gold will das in Afrika engagierte Unternehmen kaufen.
Dagegen büssten die Papiere des Reiseveranstalters Thomas Cook in London knapp 3 Prozent ein. Das heisse Wetter in Mitteleuropa und ein Preiskampf im Last-Minute-Geschäft hatten dem Unternehmen seine Gewinnpläne noch stärker vermasselt als gedacht. (awp/mc/ps)