Paris / London – Europas Börsen haben am Donnerstag eine beeindruckende Erholung vom Kursrutsch am Vortag gezeigt. Dazu trugen Nachrichten zur Stabilisierung der angeschlagenen Grossbank Credit Suisse bei. Auch die erwartungsgemässe Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) konnte die Anleger nicht schrecken.
Der EuroStoxx 50 überwand nach einem freundlichen Start eine Schwächephase und baute am Nachmittag seine Gewinne aus. Im Einklang mit den klar ins Plus gedrehten US-Börsen schloss der Leitindex der Eurozone 2,03 Prozent höher bei 4116,98 Punkten, was aber nicht ausreichte, um den Vortagsverlust auszugleichen. Der Pariser Cac 40 gewann letztlich ebenfalls 2,03 Prozent auf 7025,72 Punkte, während der britische FTSE 100 lediglich ein Plus von 0,89 Prozent auf 7410,03 Punkte schaffte.
Analyst Ulrich Wortberg von der Landesbank Helaba verwies darauf, dass die EZB sich in ihrem begleitenden Statement nicht auf weitere Zinserhöhungen festgelegt habe. «Alles in allem hat es den Anschein, dass die Währungshüter sich eher in Zurückhaltung üben könnten und das Zinstempo reduzieren.» Laut Analyst Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets rechnen die Anleger trotz der weiterhin hohen Inflation in Zukunft sogar mit einer Zinspause.
Dass die Schweizer Notenbank der Credit Suisse mit einer milliardenschweren Kreditlinie unter die Arme greift, bescherte deren Aktien eine Erholung um 19 Prozent. Den Kurssturz vom Vortag machten sie damit teilweise wieder wett. Das Rettungspaket dämpfe die Sorgen über einen grösseren Ansturm auf die Credit Suisse und Auswirkungen auf andere Institute in der ganzen Welt, schrieb Susannah Streeter vom Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown. Zudem kündigte die Bank den Rückkauf bestimmter Euro- und Dollar-Anleihen im Volumen von drei Milliarden Franken an. Mit diesen Schritten will die Credit Suisse das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen.
Alles eitel Sonnenschein ist damit aber nicht im Bankensektor, obwohl sich auch in den USA nach dem Kollaps mehrerer kleiner Geldhäuser die Entspannungssignale mehren. Das zeigte der europäische Branchenindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 , der mit einem Plus von 1,1 Prozent sichtbar hinter der allgemeinen Markterholung zurückblieb.
Stärke demonstrierten die Technologiewerte, deren Subindex einmal mehr im Kielwasser der deutlich anziehenden US-Tech-Börse Nasdaq um 2,9 Prozent stieg und sich damit an die Spitze des Branchentableaus setzte.
Der Index der zinssensiblen Immobilienunternehmen büsste indes als Schlusslicht weitere 1,7 Prozent ein.
Die Aktien von Deliveroo verloren 0,8 Prozent, nachdem der Essenslieferdienstes für das vergangene Jahr eine etwas enttäuschende Umsatzentwicklung berichtet hatte. (awp/mc/pg)