Paris – Kurz vor der Zinsentscheidung der US-Notenbank (Fed) war an den grossen europäischen Börsen am Mittwoch Vorsicht Trumpf. Analyst Jeffrey Halley vom Handelshaus Oanda sprach von einer Zurückhaltung der Anleger vor der Bekanntgabe wichtiger geldpolitischer Entscheidungen. Dabei verwies Halley auf den Anstieg der Renditen an den Anleihemärkten in den vergangenen Wochen und die Verwirrung, die dies an den Finanzmärkten ausgelöst hatte. Höhere Zinsen führen zu steigenden Finanzierungskosten für die Unternehmen und lassen zudem Aktien im Vergleich zu Anleihen in einem ungünstigeren Licht erscheinen.
Der EuroStoxx50 , der Leitindex der Eurozone, schloss nach dem starken Lauf in der vergangenen Woche 0,03 Prozent tiefer bei 3849,74 Punkten. Der Pariser Leitindex Cac 40 trat bei 6054,82 Punkten ebenfalls nahezu auf der Stelle.
Für den Londoner FTSE 100 («Footsie») ging es um 0,60 Prozent auf 6762,67 Punkte abwärts. Hier belasteten Verluste bei den stark gewichteten Rohstoffwerten.
Aus Sicht von Marktanalyst Milan Cutkovic vom Handelshaus Axi wird es für die US-Währungshüter nun schwieriger werden, die richtigen Worte zu finden. «Der Fed-Chef muss den Spagat hinbekommen, den Investoren einerseits eine weiter ultraexpansive Geldpolitik zu versprechen und andererseits ihnen ihre Inflationsangst zu nehmen.» Und auch Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners sprach von einer «besonderen Bedeutung», die den Fed-Aussagen zuteilen werden dürfte.
Der Blick auf die 19 Branchen am Morgen zeigte, dass die Anleger weiterhin Autowerte favorisieren. Mit einem Plus von 3,25 Prozent hatte der Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts im Sektorvergleich klar die Nase vorn. Zuvor waren die Jahresziele von BMW am Markt gut ankommenden. Die Aktien des Münchener Autoherstellers zogen unter den Favoriten im EuroStoxx um gut sechs Prozent an.
Auch von Volkswagen (VW) gab es weitere positive Neuigkeiten: Die Kernmarke VW soll nach dem spürbar schwächeren Pandemie-Jahr 2020 rasch wieder aufholen. Für die kommenden Monate wird «eine deutliche Steigerung» der Auslieferungen angepeilt. Zudem ist geplant, «beim Umsatz deutlich über dem des Jahres 2020 liegen» zu wollen. Damit schnellten die Vorzugsakten der Wolfsburger an der Index-Spitze um rund 11 Prozent in die Höhe. Im Cac 40 gewannen die Anteilsscheine des Wettbewerbers Renault 3,1 Prozent und die des Zulieferers Valeo als bester Index-Wert 4,6 Prozent.
Die Papiere von BNP Paribas waren mit einem Plus von rund ein Prozent ebenfalls gefragt. Analystin Delphine Lee von der US-Bank JPMorgan hatte ihre positive Einschätzung bekräftigt und ihre Dividendenschätzungen bis 2023 angehoben. Sie berücksichtigt damit nun die höheren Ausschüttungsquoten.
In London griffen die Anleger bei Aktien von Telekommunikationsunternehmen zu. So zogen BT Group an der «Footsie»-Spitze um 6,5 Prozent an und die Anteilsscheine von Vodafone gewannen knapp 2 Prozent. Eine Auktion für 5G-Frequenzen in Grossbritannien sei für die Unternehmen «überraschend positiv» verlaufen, schrieben die Analysten der Privatbank Berenberg. (awp/mc/pg)