Europa-Schluss: Kaufbereitschaft schwindet
Paris / London – An Europas wichtigsten Börsen hat die Kaufbereitschaft nach dem guten Wochenauftakt merklich nachgelassen. Dass die Wall Street am Dienstag nach einem schwachen Start wieder etwas Boden gut machte, stützte aber auch die Aktienkurse diesseits des Atlantiks.
Der EuroStoxx 50 schüttelte auf den letzten Metern seine Verluste ab und schloss 0,07 Prozent fester bei 3468,48 Punkten. Am Vortag war der Leitindex der Eurozone auf den höchsten Stand seit Ende Februar geklettert. Für den französischen Cac 40 ging es am Dienstag letztlich um 0,21 Prozent auf 5483,00 Punkte hoch. Dagegen verlor der britische FTSE 100 0,87 Prozent auf 6365,33 Zähler.
«Die nächsten Erfolgsmeldungen aus der (Corona-)Impfstoff-Entwicklung von Moderna und Johnson & Johnson konnten die Börse nicht mehr beflügeln», kommentierte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst von CMC Markets. «Sie sind zwar der Blick in eine hoffnungsvolle Zukunft, aber die weiter steigenden Infektionszahlen in Europa und den USA sind das Hier und Jetzt.»
Im europäischen Branchenvergleich dominierten die Verlierer. Am härtesten traf es die Aktien der Medizinunternehmen, die normalerweise wegen ihrer Defensivqualitäten in einem schwachen Marktumfeld glänzen: Ihr Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 büsste 1,3 Prozent ein.
Diesmal belasteten allerdings negative Nachrichten für die Branche aus den USA. Der Online-Händler Amazon kündigte an, über den neuen Service «Amazon Pharmacy» könnten Kunden in den Vereinigten Staaten künftig verschreibungspflichtige Medikamente bestellen, was vor allem die Aktien der grossen US-Drogerie- und -Apothekenketten massiv unter Druck setzte.
Der Index der Reise- und Freizeitunternehmen wurde ebenfalls gemieden, wie das mehr als einprozentige Minus zeigte. Die Billigfluggesellschaft Easyjet stand mit endgültigen Zahlen im Blick. Wie erwartet schrieb sie erstmals in ihrer Geschichte einen Jahresverlust und dampft nun ihren Flugplan weiter ein. Die Aktien büsste in London knapp zwei Prozent ein.
Dagegen führte der Index der Versicherer mit einem Plus von 1,2 Prozent die übersichtliche Gewinnerliste an und setzte seinen Höhenflug fort.
Aktien des Tabakherstellers Imperial Brands stiegen um über sieben Prozent. Da die Tabakpreise stark blieben und das E-Zigarettengeschäft seine Verluste verringerte, prognostizierte das Management im laufenden Jahr die Rückkehr zum Gewinnwachstum.
Unter den Banken standen erneut die spanischen Vertreter BBVA und Sabadell im Fokus. Nachdem BBVA am Vortag ihre Pläne über den Verkauf ihres US-Geschäfts an den amerikanischen Finanzkonzern PNC bekannt gegeben hatte, waren prompt wieder Übernahmespekulationen aufgekommen. Am Montagabend wurden Gespräche der Bank über einen möglichen Erwerb von Banco de Sabadell bestätigt. Die Sabadell-Papiere, die am Vortag bereits um etwas mehr als ein Viertel zugelegt hatten, gewannen nun weitere knapp sieben Prozent. BBVA, die am Vortag um etwas mehr als 15 Prozent zugelegt hatten, gaben nun um fast viereinhalb Prozent nach.
Santander-Papiere gewannen 0,7 Prozent. Die BBVA-Konkurrentin übernimmt wie erwartet das Kerngeschäft des insolventen Zahlungsabwicklers Wirecard. (awp/mc/ps)