Europa-Schluss: Konjunktursorgen belasten die Kurse
Paris / London – Nach den Kursgewinnen am Ende der vergangenen Woche haben sich am Montag an den Aktienbörsen Europas wieder Konjunktursorgen breit gemacht. So nähren die umfangreichen Corona-Lockdowns in China sowie steigende Verbraucherpreise in dem Land die Bedenken hinsichtlich der Kauflaune der Menschen. Hinzu kommt der Krieg in der Ukraine. Ein wenig Unterstützung für die Kurse lieferte indes der deutliche Rückgang der Ölpreise.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 fiel zum Auftakt in die verkürzte Handelswoche vor Ostern um 0,49 Prozent auf 3839,62 Punkte. Sein britisches Pendant FTSE 100 fiel um 0,67 Prozent auf 7618,31 Punkte.
Der französische Cac 40 hingegen legte gegen den Trend um 0,12 Prozent auf 6555,81 Punkte zu. Hier stützen ein Kurssprung bei den Aktien von Societe Generale und der Ausgang der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen. Nach dem Erfolg des liberalen Staatschefs Emmanuel Macron und der Rechten Marine Le Pen steht Frankreich vor einer richtungweisenden Entscheidung. Beide zogen in die Stichwahl am 24. April ein. Umfragen sagten noch am Wahlabend einen eher knappen Ausgang voraus.
«Während Macrons Vorsprung ermutigend ist, hat uns die jüngste Geschichte gelehrt, dass nichts sicher ist, bis die endgültige Abstimmung ausgezählt ist», mahnte Marktanalyst Michael Hewson vom Handelshaus CMC Markets zur Vorsicht.
Ein Sieg von Le Pen hätte für Deutschland und Europa womöglich bedeutungsschwere Folgen. Le Pen stellt die seit Jahrzehnten enge Zusammenarbeit mit Berlin in Frage und strebt eher nach Kooperation mit anderen Euroskeptikern wie den Regierungen in Budapest oder Warschau. In der Europäischen Union könnte Frankreich unter ihr vom Treiber zum Bremser werden, ganz anders als unter dem proeuropäisch engagierten Macron. In der aktuell eskalierenden Krise zwischen dem Westen und Russland befürchten Europa und die USA mit Le Pen ein Bröckeln der festen Pro-Ukraine-Front.
Mit Blick auf Einzelwerte schnellten die Papiere von Societe Generale im Cac 40 um rund fünf Prozent nach oben. Die französische Grossbank trennt sich infolge des Ukraine-Kriegs von ihrem Russland-Geschäft. Käufer der Russland-Tochter Rosbank ist deren vorheriger Eigentümer Interros Capital – die Beteiligungsgesellschaft des russischen Oligarchen Wladimir Potanin. Societe Generale muss nun zwar eine Milliardenabschreibung hinnehmen. Weil durch den Verkauf aber noch viel grössere Risiken aus ihrer Bilanz verschwinden, soll sich die Belastung im Rahmen halten.
Im Branchentableau war der Index der europäischen Bankenwerte zum Wochenstart denn auch mit einem Plus von gut einem haben Prozent weit vorn zu finden. Ein weiterer Grund für den Auftrieb sind die anziehenden Kapitalmarktzinsen, die das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft der Banken profitabler machen. Die Renditen am Anleihemarkt sind zuletzt deutlich gestiegen, da von der tonangebenden US-Notenbank Federal Reserve in diesem Jahr eine Serie von Zinsanhebungen erwartet wird, um die hohe Inflation zu bekämpfen.
Höhere Zinsen aber können auch Kredite verteuern und so die Wachstumsaussichten der stark wachstumsorientierten Technologiewerte schmälern. Ihr Index büssten entsprechend am Ende des Sektortableaus gut zwei Prozent ein. So fielen etwa die Papiere des Zahlungsabwicklers Adyen um gut fünf Prozent und die des Chipindustrie-Ausrüsters ASML um knapp drei Prozent. (awp/mc/ps)