Paris / London – Die politische Unsicherheit in Frankreich hat auch am Freitag auf den europäischen Börsen gelastet. Anleger fürchten, dass aus den von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ausgerufenen Parlamentswahlen die rechtsextreme und europakritische Partei von Marine Le Pen als Siegerin hervorgehen könnte.
Der EuroStoxx 50 büsste 1,95 Prozent auf 4839,14 Punkte ein und schloss auf dem tiefsten Stand seit Mitte Februar. Im Wochenverlauf verlor der Eurozonen-Leitindex 4,2 Prozent. Der Cac 40 in Paris sackte am Freitag um 2,66 Prozent auf 7503,27 Punkte ab, womit aus seinem bisherigen Jahresgewinn ein Verlust von 0,5 Prozent wurde. Im Wochenverlauf steht ein Minus von 6,2 Prozent zu Buche.
In London dagegen zeigte sich der FTSE 100 zum Wochenausklang mit minus 0,21 Prozent auf 8146,86 Punkten recht stabil.
Die politische Unsicherheit in der zweitgrössten Volkswirtschaft der EU führe dazu, dass Investoren derzeit die Finger von französischen Aktien liessen, kommentierte Analyst Pierre Veyret vom Broker ActivTrades die Verluste. Hinzu kommen die Spannungen mit China. «Der Schreck über einen potenziellen Handelsstreit zwischen der EU und China scheint bei den Investoren tief zu sitzen», sagte Marktexperte Andreas Lipkow.
Der Blick auf die Branchen Europas zeigte überwiegend Verlierer. Einzig die zwei defensiven Sektoren Pharma und Lebensmittel/Getränke verzeichneten moderate Gewinne.
Europäische Technologiewerte gaben ungeachtet der guten Stimmung für Techwerte jenseits des Atlantiks deutlich nach. «Noch hält die beinahe im Wochentakt neu entfachte Fantasie beim Thema Künstliche Intelligenz die Kauflaune hoch, aber wenn irgendwann alle zu einer Tür rauswollen, könnte es ganz schnell abwärts gehen», warnt Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets mit Blick auf die USA.
Angesichts der Sorgen um einen Handelsstreit mit China überraschten die fortgesetzten Abgaben unter den Autowerten nicht. Aber auch bei den anderen zyklischen Branchen seien erneut Bestände abgebaut worden, sagte Lipkow. Ausgeprägte Verluste verzeichneten unter anderem Aktien aus der Industriegüter- und der Baubranche.
Im Bankensektor drückten angesichts politischer Unsicherheiten vor allem die Kursverluste der dort stark vertretenen französischen Papiere. So fielen die Anteile der Societe Generale um weitere 3,6 Prozent, während BNP Paribas um 2,7 Prozent nachgaben. Allein seit der Europawahl am vergangenen Sonntag haben sie damit 15 respektive 12 Prozent eingebüsst.
Die Anteile des hoch verschuldeten französischen IT-Dienstleisters Atos erholten sich unterdessen mit plus 14,6 Prozent von ihrem am Vortag erreichten neuen Rekordtief. Die französische Regierung bot Atos an, Unternehmensteile im Wert von rund 700 Millionen Euro zu kaufen. Derzeit laufen dazu Gespräche. (awp/mc/ps)