Paris – Nach drei Handelstagen mit kräftigen Erholungsgewinnen sind die Anleger an Europas wichtigsten Aktienmärkten am Freitag wieder vorsichtig geworden. Die weiter hohe Unsicherheit angesichts der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus und der aktuell noch kaum absehbaren wirtschaftlichen Folgen bereitet nach wie vor Sorgen. Vor allem die Zahlen aus Italien, Spanien und den USA beunruhigen. In Grossbritannien hat sich nun auch Premierminister Boris Johnson mit dem Virus angesteckt. Eigenen Angaben zufolge hat er aber nur milde Symptome.
Der EuroStoxx50 büsste 4,18 Prozent auf 2728,65 Punkte ein. Auf Wochensicht konnte er dennoch einen Erholungsgewinn von 10,3 Prozent einstreichen.
Das ist zwar sein grösster Wochengewinn seit Dezember 2011, allerdings relativiert sich dies angesichts seiner jüngst rasanten Talfahrt. Diese hatte den Leitindex der Eurozone erst Mitte März auf ein Achtjahrestief geschickt.
Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets sprach angesichts der Erholungsgewinne in dieser Woche von einer «wenngleich auch beeindruckenden Bärenmarktrally». Doch erst wenn der Höhepunkt der Virusinfektionen erreicht sei, könnten die Anleger als überzeugte Käufer in die Aktienmärkte zurückkehren.
Der französische Cac 40 verlor am Freitag 4,23 Prozent auf 4351,49 Zähler, womit er einen Wochengewinn von 7,5 Prozent verbuchte. Der Londoner FTSE 100 gab am Freitag um 5,25 Prozent auf 5510,33 Punkte nach und stieg damit im Wochenverlauf um 6,2 Prozent. Dass der Verlust in Grossbritannien vor dem Wochenende noch grösser als allgemein in Europa ausgefallen war, wurde vor allem mit dem im Vergleich zum US-Dollar wieder stärkeren Pfund begründet.
Unter den 19 Branchen gab es keine Gewinner. Besonders unter Verkaufsdruck standen der Auto-, Reise- und Bankensektor mit Abschlägen von mehr als 5 Prozent. Das geringste Minus von 0,8 Prozent verzeichnete der Bereich Gesundheit.
Unter den Einzelwerten zählten an diesem Tag die Aktien von EssilorLuxottica mit einem Minus von 6,5 Prozent zu den schwächsten Werten im EuroStoxx 50. Der Brillenkonzern streicht wie viele andere Unternehmen wegen der Corona-Krise seine Jahresziele.
Auch der Baustoffkonzern LafargeHolcim reagiert auf die Krise mit millionenschweren Kostensenkungen und kassierte seinen Jahresausblick. Am Dividendenvorschlag von 2 Franken je Aktie hält er aber fest. Seine Aktien gaben im SMI um 5,1 Prozent nach.
Gegen den allgemeinen Markttrend stiegen zugleich die Aktien von Ahold Delhaize um 5,4 Prozent und waren damit Spitzenreiter im EuroStoxx 50. Die Papiere profitierten von Hochstufungen durch die Analysten von Bernstein Research und der Berenberg Bank.
Die Tui-Aktien büssten nach kräftigen Erholungsgewinnen der vergangenen drei Handelstage an der Londoner Börse 9,1 Prozent ein. Nach Börsenschluss informierte der Reisekonzern dann, im Kampf gegen den virusbedingten Einbruch seiner Geschäfte voraussichtlich staatliche Hilfskredite über 1,8 Milliarden Euro zu erhalten. (awp/mc/pg)