Paris/London – Die Angst vor einer Eskalation des Ukraine-Konflikts hat den europäischen Aktienmarkt am Montag belastet. Der EuroStoxx 50 startete zwar in Hoffnung auf ein Gipfeltreffen zwischen Joe Biden und Wladimir Putin freundlich in den Handel, gab im Verlauf aber wieder deutlich nach.
Aus dem Handel ging der EuroStoxx zum Wochenstart 2,17 Prozent tiefer bei 3985,71 Punkten. Der Leitindex der Eurozone rutschte damit unter die 4000-Punkte-Marke, zwischenzeitlich war er sogar bis auf 3957 Zähler und damit auf den tiefsten Stand seit Juli 2021 gefallen. Auf Länderebene schloss der französische Cac 40 2,04 Prozent tiefer bei 6788,34 Punkten, während der britische FTSE 100 nur um 0,39 Prozent auf 7484,33 Zähler nachgab.
Die Nachrichtenlage blieb verworren und damit kam bei Anlegern keine Erleichterung auf. Der Kreml hatte die Erwartungen an ein Gipfeltreffen von Biden und Putin wieder gedämpft und die US-Regierung warnte weiter eindringlich vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine. Grosse Sorgen bereiten auch die Auseinandersetzungen im Osten des Landes mit Separatisten. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow will am Donnerstag aber seinen US-Amtskollegen Antony Blinken treffen.
«Man hat das Gefühl, dass die Situation jeden Moment dramatisch eskalieren kann, und das wird die Anleger vorerst in Atem halten», sagte Marktbeobachter Craig Erlam vom Broker Oanda. Die Tatsache, dass die Diplomatie weitergeführt wird, sei zwar ermutigend, aber das Risiko, dass die Situation überkocht, sei noch nie so gross gewesen.
Die Initiative für einen Gipfel von Biden und Putin ging vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron aus. «Selbstverständlich schliessen wir es nicht aus», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er schränkte aber ein, es gebe keine konkreten Pläne dazu.
Im europäischen Branchenvergleich standen zu Wochenbeginn vor allem Automobil- und Technologieaktien unter Druck: Deren Subindizes im marktbreiten Stoxx Europe 600 büssten jeweils 2,6 Prozent an Wert ein. Ein Thema blieb auch die Erwartung schon bald steigender US-Leitzinsen, die vor allem für wachstumsstarke Tech-Unternehmen als Problem angesehen werden. Diese litten ausserdem unter erneuten Sorgen, dass China weitere Restriktionen auferlegen könnte.
Dem Tech-Sektor zugeordnet sind die Papiere von Prosus , die am EuroStoxx-Ende um 7,2 Prozent auf den tiefsten Stand seit dem Frühjahr 2020 absackten. Neben den Anteilsscheinen der niederländischen Internet-Holding waren auch die Kurse des südafrikanischen Mutterkonzerns Naspers sowie der in Hongkong gelisteten Prosus-Beteiligung Tencent schwer unter Druck geraten.
Im Autosektor fiel der Zulieferer Faurecia negativ auf, indem seine Anleger nach anfänglich klaren Gewinnen einen Kursrutsch von 5,4 verkraften mussten. Dass die Franzosen dank einer nachlassenden Halbleiterknappheit mit einem steigenden Jahresumsatz rechnen, half den Aktien nicht.
Derweil war der Index der Medizinunternehmen mit einem nur moderaten Abschlag unter den stabilsten Branchenindizes. Hier fielen die Aktien von Astrazeneca positiv auf. Sie stemmten sich mit einem vierprozentigen Kursplus gegen die generelle Schwäche des Marktes. Als Treiber galten erfreuliche Studiendaten zu einem Brustkrebs-Mittel.
Der Bankensektor war nach anfänglichen Gewinnen auch ins Minus gedreht. Hier belastete ein Medienbericht, wonach die Credit Suisse über Jahre Autokraten, Drogendealer sowie mutmassliche Kriegsverbrecher und Menschenhändler als Kunden akzeptiert haben soll. Auch wenn das Schweizer Bankhaus die Vorwürfe zurückwies, büssten die Aktien 3,1 Prozent ein. (awp/mc/pg)