Paris / London – Die europäischen Börsen haben ihren jüngsten Abwärtstrend am Donnerstag fortgesetzt. Ein verheerender Kurseinbruch bei der Aktie des Zahlungsabwicklers Adyen sorgte für viel negativen Gesprächsstoff. Da eine Erholung an den US-Börsen ausblieb, fanden die Anleger auch in Europa keine Gründe, um bei Aktien wieder zuzugreifen. Die Märkte litten zudem unter der Unsicherheit über die weitere Zinsentwicklung.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor zum Handelsschluss 1,32 Prozent auf 4227,83 Punkte und kam damit seinem Juli-Tief von knapp 4198 Punkten näher. Für Länderindizes, die die Adyen-Aktien nicht enthalten, fielen die Kursverluste etwas kleiner aus: Der französische Cac 40 sank um 0,94 Prozent auf 7191,74 Punkte, während der britische FTSE 100 um 0,63 Prozent auf 7310,21 Zähler nachgab.
«Die Tür für weitere Zinsschritte wurde zum Leidwesen der Anleger noch nicht fest verschlossen», sagte Analyst Christian Henke vom Broker IG Marktes im Nachgang des Protokolls zu ihrer jüngsten Zinssitzung, das die US-Notenbank Fed am Vorabend veröffentlichte. Die Hängepartie an den Märkten könnte bis zur nächsten Zinsentscheidung der US-Notenbank im September weiter gehen, hiess es.
Der Einbruch bei den Adyen-Aktien belief sich letztlich auf knapp 39 Prozent. Damit wurden beim Zahlungsabwickler mit einem Schlag etwa 18 Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet. Die Halbjahreszahlen waren geprägt von einer einbrechenden Gewinnmarge und hatten bei Anlegern ungeahnte Wachstumssorgen geweckt. Timo Dums von der DZ Bank sprach von einem «katastrophalen Ergebnis» und «Enttäuschung an allen Fronten», die die Aktien abstürzen lasse.
Adyen prägte das Bild im grössten Verlierersektor: Der Teilindex Stoxx Europe 600 Industrial Goods & Services büsste 2,8 Prozent ein. Ausserdem hemmte das Abschneiden von Adyen die Entwicklung im europäischen Technologiesektor, dem das Unternehmen nahe steht. Der Stoxx Europe 600 Technology verlor 1,8 Prozent. Er folgte damit auch der Schwäche an der US-Börse Nasdaq vom Vortag. Diese verzeichnete am Donnerstag auch keine Erholung.
Sonst setzte sich unter den Einzelbranchen die wechselhafte Entwicklung der Vortage fort. Neben den Ölwerten, die von anziehenden Ölpreisen gestützt wurden, erholten sich Rohstoffwerte um 0,8 Prozent von ihrer jüngsten Schwäche. Seit dem Zwischenhoch von Ende Juli hatte der Sektorindex wegen Sorgen um das Weltwirtschaftswachstum wegen der konjunkturellen Flaute in China mehr als sechs Prozent eingebüsst.
Auf keine Gegenliebe stiessen auch die Zahlen von Geberit. Der schweizerische Sanitärtechnikkonzern hatte im zweiten Quartal klar unter den Erwartungen gelegen. Auch der Ausblick hatte sich eingetrübt. Die Aktie büsste als schwächster schweizerischer Standardwert mehr als fünfeinhalb Prozent ein.
Mit den Aktien von Meyer Burger stand noch ein Wert an der Zürcher Börse mit fast fünf Prozent unter Druck. Mit dem Halbjahresumsatz hatte der Solarhersteller die Erwartungen der Analysten deutlich verfehlt.
Aktien von DocMorris beendeten den Handel dagegen nach anfänglichen Verlusten mit einem Plus von fast acht Prozent. Sie reagierten damit auf zuversichtliche Aussagen des Managements im Rahmen der Konferenz zu den Halbjahreszahlen.
Der grösste britische Rüstungskonzern BAE Systems will sich im Rüstungsboom mit dem US-Luft- und Raumfahrtunternehmen Ball Aerospace stärken. BAE zahlt dafür 5,55 Milliarden US-Dollar an den Mutterkonzern Ball Corporation . Die Analysten von Jefferies bezeichneten die Kombination der beiden Unternehmen als gut, den Preis aber als etwas hoch. Aktien von BAE Systems fielen um 4,7 Prozent. (awp/mc/ps)