Paris / London – Europas Börsen haben am Freitag dank erfreulicher Inflationsdaten ihre Gewinnserie fortgesetzt. Der EuroStoxx50 schloss 1,02 Prozent höher bei 4399,09 Punkten. Im Handelsverlauf war er wie schon mehrfach in den vergangenen Monaten an der Widerstandszone im Bereich um 4410 Punkte gescheitert. Mit 4415 Punkten knapp darüber liegt das Zwischenhoch aus dem November 2021. Sollte der Eurozonen-Leitindex dieses überwinden, winkt ihm eine Rückkehr auf das Kursniveau von Ende 2007, vor dem Ausbruch der Weltfinanz- und Wirtschaftskrise.
Doch auch so hatten die Anleger am Freitag keinen Grund zur Klage: Auf Wochen- und auf Monatssicht legte der EuroStoxx 50 um etwas weniger als drei Prozent zu. Die Bilanz für das erste Halbjahr fällt mit knapp 16 Prozent Plus noch deutlich stärker aus.
Der französische Cac 40 verabschiedete sich mit einem Tagesgewinn von 1,19 Prozent auf 7400,06 Punkte aus dem Handel, während der vortags schwächelnde britische FTSE 100 um 0,80 Prozent auf 7531,53 Punkte zulegte.
Die Inflation in der Eurozone ging auch im Juni gegenüber dem Vormonat zurück – sogar noch etwas deutlicher als von Analysten erwartet. Mit 5,5 Prozent fiel die Teuerungsrate auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2022, vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Allerdings stieg die Kernteuerung ohne schwankungsanfällige Preise für Güter wie Energie wieder an, nachdem sie in den beiden Vormonaten gefallen war. Sie bildet nach Meinung vieler Ökonomen die grundlegende Teuerung ab und stellt den Inflationstrend daher etwas besser dar als die Gesamtrate.
Zudem sind die Wirtschaftsaussichten für die zweite Jahreshälfte Beobachtern zufolge verhalten. «Es deutet sich in Europa und Deutschland eine weiterhin merkliche Konjunkturabkühlung an», warnte Marktexperte Andreas Lipkow. Und Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets fügte hinzu: «Die weiter steigenden Zinsen machen Anlagen mit weniger Risiko immer attraktiver, so dass nur ein kleiner Impuls ausreichen könnte, grosse Kapitalströme in den Anleihe- oder Geldmarkt auszulösen.»
Im europäischen Branchenvergleich gab am Freitag nur Gewinner. Am stärksten gefragt waren die im bisherigen Jahresverlauf besonders gebeutelten Immobilienwerte: Ihr Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 gewann 1,7 Prozent. Ihm halfen auch Nachrichten aus Deutschland auf die Sprünge. Der Immobilienkonzern LEG blickt optimistischer als bisher auf das Jahr. Die Düsseldorfer rechnen wegen des angespannten Wohnungsmarktes nun mit einem kräftigeren Mietanstieg und hoben ihre Gewinnprognosen an. Der Konzern geht von einem höheren Mittelzufluss und einer verbesserten Gewinnmarge für 2023 aus.
Erneut in der Gunst der Anleger standen auch Bankaktien, deren Index mit plus 1,2 Prozent den fünften Tag in Folge zulegte. Er hatte am Donnerstag auch von positiven Branchenvorgabe aus den USA profitiert, nachdem die 23 grössten Geldhäuser in den USA allesamt den jährlichen Stresstest der US-Notenbank Fed bestanden hatten.
Societe Generale legten um 1,06 Prozent zu. Die Analysten von Deutsche Bank Research hatten die Aktien hochgestuft und raten nun zum Kauf. Ihnen zufolge ist es Zeit, sich auf den für 2024 erwarteten, stärkeren Rückenwind zu fokussieren. Die solide Qualität der Vermögenswerte, ein angemessener Kapitalspielraum und eine günstige Bewertung sprächen zudem für die Franzosen.
Auf das geringste Kaufinteresse stiessen vor dem Wochenende Telekommunikations- und Versorgertitel . Beide Branchen gelten als defensiv und sind eher in einem schwachen Marktumfeld gefragt.
Der Index der Technologiewerte wurde von der Kursentwicklung des Schwergewichts ASML etwas gebremst. Mit einem Minus von 0,8 Prozent zählten die Papiere des niederländischen Chipausrüsters zudem zu den wenigen Verlierern im EuroStoxx 50. Grund waren neue Exportkontrollen der heimischen Regierung, die stärkere Restriktionen für Ausfuhren der Halbleiteranlagen des Konzerns nach China bedeuten. (awp/mc/pg)
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