Paris / London – Die Einigung der EU-Staaten auf ein Hilfspaket zur Bewältigung der durch das Coronavirus ausgelösten Wirtschaftskrise hat am Dienstag Europas Börsen angetrieben. Die viertägigen Verhandlungen in Brüssel endeten mit einem Kompromiss, am Ende stand das grösste Haushalts- und Finanzpaket der EU-Geschichte.
Der EuroStoxx 50 gewann 0,50 Prozent auf 3405,35 Punkte und stieg auf den höchsten Stand seit Ende Februar. Allerdings hatte der Leitindex der Eurozone zwischenzeitlich mit knapp zwei Prozent noch deutlich stärker zugelegt. Am Nachmittag bröckelten die Kursgewinne jedoch wieder ab.
Auch an den Länderbörsen hielten sich die Aufschläge am Ende in Grenzen. In Paris rückte der Cac 40 um 0,22 Prozent auf 5104,28 Punkte vor. Auch an den Börsen von Madrid, Mailand und Amsterdam kamen die Kurse am Nachmittag von ihren zuvor erreichten Höchstständen deutlich zurück. Der FTSE 100 schloss in London mit einem Plus von 0,13 Prozent auf 6269,73 Punkte.
«Die Einigung in Brüssel ist ein Meilenstein», betonte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der Fondsgesellschaft Union Investment. «Das Hilfspaket erhöht das Wachstum um bis zu einem Prozentpunkt pro Jahr für die nächsten drei Jahre.»
Experten sind nun für die kommenden Monate zuversichtlich gestimmt. «Die zweite Hälfte des Jahres 2020 wird voraussichtlich weltweit ein starkes Wachstum – ausgehend von einem niedrigen Niveau im zweiten Quartal – aufweisen», schrieb Jason Pidcock, Stratege beim Vermögensverwalter Jupiter Asset Management. Die weiterhin sehr lockere Geldpolitik und steigende Geldmenge in den meisten grossen Volkswirtschaften werde die Aktienmärkte stützen.
Gesucht waren die Sektoren, die vom EU-Hilfspaket und den erhofften Auswirkungen auf die Konjunktur am stärksten profitieren. Daher zählten Bankaktien und die zyklischen Autowerte zu den grössten Gewinnern. Den Banksektor stützten zudem Zahlen der UBS. Die Schweizer Grossbank hatte im zweiten Quartal besser als erwartet abgeschnitten. Das Management denkt zudem darüber nach, den Rückkauf eigener Aktien im vierten Quartal wieder aufzunehmen. UBS kletterten um 2,6 Prozent. Zu den Gewinnern gehörten auch italienische Bankenwerte. Italien gilt als einer der Hauptprofiteure des EU-Hilfspakets.
Weniger gefragt waren die als defensives Investment geltenden Pharmaaktien. Hatten sie am Vortag noch von Fortschritten in der Entwicklung von Corona-Impfstoffen profitiert, belasteten nun die Zahlen von Novartis. Das zweite Quartal hatte einen Umsatzrückgang für den Pharmakonzern gebracht. Beim Ausblick auf das Gesamtjahr äusserte sich Novartis zudem zurückhaltender für den Umsatz. Die Aktie gab um 1,9 Prozent nach.
Verluste erlitten auch Givaudan. Der Duftstoff -und Aromenhersteller war zwar selbst in der Corona-Krise weiter gewachsen. Nach dem Höhenflug der vergangenen Monate verlor der Wert nun allerdings knapp ein Prozent. (awp/mc/ps)