Europa-Schluss: Zinshoffnungen lassen Kurse weiter steigen
Paris / London – Einen Tag vor der voraussichtlich nächsten Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) haben Europas Börsen die Erholung der vergangenen zwei Tage fortgesetzt. Auslöser der Kursgewinne am Mittwochnachmittag war Beobachtern zufolge die kanadische Notenbank, die die Leitzinsen weniger stark anhob als erwartet. Auch an der Wall Street legten die Kurse daraufhin zu. Die Notenbank Fed dürfte in der kommenden Woche die Zinsen ebenfalls erneut anheben. Hier könnten Anleger nun aber auf ein weniger restriktives Vorgehen setzen.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx50 stieg um 0,55 Prozent auf 3605,31 Punkte. In den vergangenen beiden Tagen hatte der Index um gut drei Prozent zugelegt.
Mit Blick auf die EZB rechnen die meisten Analysten mit einem weiteren grossen Zinsschritt, also mit einer Anhebung des Leitzinses um 0,75 Prozentpunkte. Für die Börsen sind steigende Zinsen tendenziell belastend, weil sie auf die Bewertungen von Aktien drücken und Anleihen als Alternative attraktiver werden.
In Paris schloss der Cac 40 zur Wochenmitte 0,41 Prozent höher auf 6276,31 Punkten. Der britische FTSE 100 gewann 0,61 Prozent auf 7056,07 Zähler.
Etliche Quartalszahlen bewegten die Einzelaktien und die Sektoren. Zu den Spitzenreitern zählten die Bauwerte . Der französische Bau- und Infrastrukturkonzern Vinci hatte den Umsatz im dritten Quartal kräftig gesteigert. Mit 16,7 Milliarden Euro lag der Erlös auch dank des schwachen Euro um 26 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Prozentual legte das Geschäft an den Flughäfen des Konzerns am stärksten zu. Es profitierte von der Erholung des Flugverkehrs von der Corona-Krise. Die Aktie des Sektorschwergewichts gewann zwei Prozent.
Der Technologiesektor trat auf der Stelle. Hier wirkten teils mässige Quartalszahlen und vorsichtige Prognosen der Google -Mutter Alphabet , von Microsoft und Texas Instruments als Bremse. Die Aktie des europäischen Sektorprimus ASML verlor ein Prozent.
Durchwachsen sah es bei den Banken aus. Die spanische Santander hatte im dritten Quartal dank der wieder deutlich strafferen Geldpolitik der wichtigsten Notenbanken und dank anziehender Zinsen etwas mehr verdient. Nach dem jüngsten Anstieg verloren die Aktien in Madrid jedoch mehr als drei Prozent und waren grösster Verlierer im EuroStoxx50.
Steigende Zinsen spielten Unicredit in die Karten. Das italienische Geldinstitut legte überraschend gute Quartalszahlen vor und wird in der Folge nun optimistischer für das Gesamtjahr. Die Aktie zog um mehr als vier Prozent an. Auch die britische Barclays Bank steigerte den Gewinn im dritten Quartal trotz eines schwachen Investmentbanking überraschend. Nach dem jüngsten Anstieg gab die Aktie nun leicht nach.
Mit dem Konsumgüterkonzern Reckitt legte ein weiteres britisches Unternehmen Zahlen vor. Es erhöhte wegen der anziehenden Preise das untere Ende seiner Umsatzprognose für das laufende Jahr. Experten hatten aber zuletzt bereits mit einem Wachstum am oberen Ende der Spanne gerechnet. Die Aktie büsste gut vier Prozent ein. (awp/mc/pg)