Europa-Schluss: Moderate Verluste – London schafft knappes Plus
Paris / London – Europas Börsen haben am Mittwoch ihrer jüngsten Erholung ein wenig Tribut gezollt. Neben dem nachlassenden Rückenwind vom richtungweisenden US-Aktienmarkt lasteten die Verluste der Versorger nach schlechten Nachrichten von Orsted auf den Notierungen. Auch die weiter hohe Inflation in Europas grösster Volkswirtschaft Deutschland bei einer gleichzeitig weiter eingetrübten Wirtschaftsstimmung in der Eurozone sorgte nicht gerade für Kauflaune.
Der EuroStoxx50 konnte seine zeitweisen Gewinne nicht behaupten, dämmte aber am Ende mit 4315,31 Punkten sein Minus auf 0,26 Prozent ein. Ähnlich sah es beim französischen Cac 40 aus, der letztlich um 0,12 Prozent auf 7364,40 Zähler nachgab. Der britische FTSE 100 rettete indes ein Plus von 0,12 Prozent auf 7473,67 Punkte ins Ziel.
Die deutschen Verbraucherpreise untermauerten Erwartungen, dass zumindest die Europäische Zentralbank den Leitzins im September weiter anheben könnte. Dagegen schürten erneut schwache US-Daten Hoffnungen auf eine Zinspause der US-Notenbank Fed im kommenden Monat.
«Trotz aller Spekulation auf eine Wende in der Geldpolitik bleiben die Unternehmensgewinne der entscheidende Faktor für die Bewertung an der Börse», betonte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. «Bis also der nächste Bullenmarkt, wieder getragen von Zinssenkungsfantasien, eingeläutet wird, könnten sowohl Wirtschaft als auch Anleger erst einmal durch ein tieferes Tal gehen müssen.»
Dies gilt um so mehr angesichts der aktuellen Bewertungen. «Aktien sind nicht gerade günstig», so Anlageexperte Chris Iggo von Axa Investment Managers. «Langfristig spricht natürlich vieles für Aktien, aber man muss mit ihnen in den nächsten Jahren schon mehr verdienen als den risikolosen Zins» – also das, was etwa für Tagesgeld und Festgeld zu haben ist.
Im europäischen Branchenvergleich standen die Versorger zur Wochenmitte am stärksten unter Druck: Ihr Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 sackte um 1,9 Prozent ab, angeführt von einem knapp 25-prozentigen Kurseinbruch bei Orsted. Damit waren die Aktien des Offshore-Windenergie-Spezialisten so billig zu haben wie zuletzt im Jahr 2018.
Sie litten unter möglichen Wertberichtigungen von bis zu 16 Milliarden dänischen Kronen (2,1 Milliarden Euro) im US-Geschäft. Orsted begründete diese unter anderem mit Lieferkettenproblemen und gestiegenen Zinsen. Falls diese Faktoren unverändert so blieben, müssten zum Ende des dritten Quartals entsprechende Wertanpassungen vorgenommen werden.
Ansonsten waren die Kursveränderungen überschaubar. Der britische Lebensversicherer Prudential hatte im ersten Halbjahr seinen Gewinn aus dem Neugeschäft noch deutlicher gesteigert als erwartet, was ihm ein Kursplus von 1,5 Prozent bescherte.
Unter den kleineren Werten verzeichneten dagegen Implenia Verluste von 4,8 Prozent. Ein grösserer Verkauf des Grossaktionärs Norbert Ketterer belastete die Aktien des schweizerischen Bau- und Immobiliendienstleisters. (awp/mc/pg)
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