Paris / London – Die wichtigsten europäischen Aktienmärkte haben am Donnerstag nachgegeben. Die Stimmung war insgesamt aber nur leicht angeschlagen. Zwar belasteten einige enttäuschende Quartalsberichte europäischer Grosskonzerne und die von der US-Notenbank am Vorabend zerschlagene Hoffnung auf eine Zinswende bereits im März. Da die US-Börsen nach Verlusten am Mittwoch nun aber bereits wieder auf Erholungskurs gingen, stützte.
Der EuroStoxx 50 schloss 0,21 Prozent tiefer auf 4638,60 Punkte. Der französische Cac 40 verlor 0,89 Prozent auf 7588,75 Punkte. Für den britischen FTSE 100 ging es um 0,11 Prozent auf 7622,16 Zähler abwärts.
«Zinssenkungen werden kommen, aber zumindest von der US-Notenbank nicht bereits im März», kommentierte Marktanalyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets die Fed-Sitzung am Vorabend. «Und auch der Mai ist offenbar nicht der von Fed-Chef Chef Powell favorisierte Beginn des Zinssenkungszyklus», ergänzte er. Unverändert hänge alles von der Inflations- und Wirtschaftsentwicklung ab, wobei Powell aber auch betont habe, dass ein schwacher Arbeitsmarkt unerwünscht sei. Das wiederum lässt laut Oldenburger Spielraum in beide Richtungen. Und es dürfte dazu beigetragen haben, dass sich die Gemüter rasch wieder beruhigten.
Trotzdem erlitten zinssensible Branchen wie Banken, Finanzdienstleister, Immobilienunternehmen und Einzelhandel die deutlichsten Verluste. Die Erwartungen, dass die Zinsen in den Vereinigten Staaten und auch in der Eurozone bald schon sinken werden, hatte in den vergangenen Woche zu deutlichen Erholungsbewegungen verholfen.
Zudem bewegten kräftige Kursreaktionen von Einzelwerten die Branchen. Bankaktien wurden zusätzlich von Enttäuschungen bei der französischen BNP Paribas und der niederländischen ING belastet. Ein Gewinneinbruch im vierten Quartal liess den Überschuss von BNP im Gesamtjahr nicht so stark steigen wie von Analysten erhofft. Zudem wurde die Bank mit Blick auf ihre mittelfristigen Ziele vorsichtiger. Die Aktie sackte als Schlusslicht im EuroStoxx um 9,2 Prozent ab. Das ING-Papier folgte als zweitschwächster Wert mit minus 6,4 Prozent. Die Bank hatte mit ihrem Zahlenwerk die Erwartungen teilweise verfehlt. Zudem fiel der Ausblick verhalten aus.
Abwärts ging es auch für Schwergewichte aus der Pharmabranche: Roche sackten im Stoxx Europe 50 um 5,5 Prozent ab und Sanofi um 4,1 Prozent. Der schweizerische Pharmakonzern verfehlte mit seinem operativen Gewinn im Kerngeschäft und auch dem Kerngewinn für das Jahr 2023 selbst die pessimistischsten Analystenschätzungen. Bei französischen Branchenkollegen Sanofi hinterliess der Konzernumbau Spuren und die Franzosen mussten 2023 einen Gewinneinbruch verkraften. Für 2024 zeichnet sich laut der Management-Prognose zudem erneut weniger Gewinn ab.
Eine positive Überraschung gab es dagegen im Öl- und Gassektor: Shell meldete zwar einen Gewinneinbruch im Schlussquartal, die Ergebnisse fielen aber dennoch unerwartet stark aus. Gelobt wurden ausserdem der Ausblick auf das erste Quartal 2024 und die angehobene Dividende. Die Aktie gewann im Stoxx 2,4 Prozent. BP profitierten davon und gewannen 0,7 Prozent.
Einen Kurssprung um etwas mehr als 26 Prozent verbuchten die Anteile des schwedischen Autobauer Volvo Cars. Dieser äusserte sich nach Rekordergebnissen im Tagesgeschäft des vergangenen Jahres überraschend selbstbewusst für die kommenden Jahre. Zudem prüft das Unternehmen, seinen Anteil am Elektroautohersteller Polestar zu senken. (awp/mc/ps)