Europa-Verlauf: Moderate Gewinne trotz negativer Eurozone-Konjunkturdaten
Paris / London – Europas wichtigste Aktienmärkte haben am Mittwoch schwächeren Wirtschaftsdaten aus der Eurozone getrotzt und ihren jüngsten Erholungskurs fortgesetzt. So dämpften die Daten die Erwartungen, dass die Europäische Zentralbank den Leitzins im September weiter anheben wird.
Der EuroStoxx50 gewann gegen Mittag 0,55 Prozent auf 4283,60 Punkte. Der französische Cac 40 legte um 0,50 Prozent auf 7277,25 Zähler zu. Der britische FTSE 100 stieg um 0,99 Prozent auf 7342,42 Punkte.
Die Unternehmensstimmung im Euroraum trübte sich im August spürbar ein. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global fiel deutlicher als erwartet auf den tiefsten Stand seit November 2020. «Klarer könnten die Rezessionssignale kaum sein», kommentierte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Um die weitere wirtschaftliche Entwicklung sei es nicht gut bestellt. Bislang sei der Dienstleistungssektor noch der Hoffnungsschimmer gewesen, doch jetzt scheine auch hier erst einmal die Luft raus zu sein.
Aus Sicht des Analysten Christoph Weil von der Commerzbank sprechen die Daten zur Unternehmensstimmung nun gegen eine weitere Leitzinsanhebung in der Eurozone. Bislang sei die Europäische Zentralbank (EZB) in ihren Projektionen davon ausgegangen, dass die Wirtschaft im Euroraum in der zweiten Jahreshälfte weiter spürbar wächst. Auch wegen der jetzt veröffentlichen Zahlen dürfte sie diese Erwartung revidieren und im September ihre Projektionen deutlich senken.
Die nachlassenden Erwartungen hinsichtlich einer weiteren EZB-Zinserhöhung trieben am Mittwoch Versorger- und Immobilienwerte an und lasteten auf Bankenaktien. Der Stoxx Europe 600 Utilities führte das Branchentableau nach den jüngsten Verlusten mit einem Plus von 2,1 Prozent an. In den letzten Monaten arg gebeutelte Immobilienwerte erholten sich zudem weiter. Ihr Branchenindex stieg um 2,0 Prozent.
Der Stoxx Europe 600 Banks lag hingegen zuletzt nur noch 0,3 Prozent im Plus, nachdem er zunächst um bis zu ein Prozent zugelegt hatte. Banken sind Profiteure höherer Zinsen, da sie im klassischen Einlagen- und Kreditgeschäft für höhere Margen sorgen. Versorgern kommen indes niedrigere Zinsen zugute, da so die Refinanzierung teurer Grossprojekte günstiger macht.
Die versehentliche Veröffentlichung von unvollständigen, aber auf den ersten Blick positiven Studiendaten zum Krebs-Therapeutikum Tiragolumab beförderte die Aktien von Roche als Stoxx-50-Spitzenreiter um 4,6 Prozent nach oben. Barclays-Analystin Emily Field rechnet damit, dass die Studie erfolgreich endet und die Anwendung des Mittels zugelassen wird.
Die Titel von Adyen scheinen ihren 47-Prozent-Absturz innerhalb einer Woche gestoppt zu haben und erholten sich am Mittwoch um 4,5 Prozent. In der Vorwoche hatte der Zahlungsabwickler die Anleger mit katastrophalen Quartalszahlen geschockt. Dies hatte Abstufungen und Kurszielsenkungen einiger Analystenhäuser nach sich gezogen.
Die Quartalszahlen von Bavarian Nordic gaben den Aktien des dänischen Impfstoffherstellers neuen Schwung. Zuletzt zog der Kurs um knapp 10 Prozent an, in der Spitze waren es sogar 13,7 Prozent. Am Markt hiess es, die Resultate seien stark ausgefallen – angetrieben vom Affenpocken-Vakzin Jynneos sowie der reisebedingten Nachfrage nach Impfstoffen. (awp/mc/pg)
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