Europa-Schluss: Schaukelbörse setzt sich mit Gewinnen fort
Paris / London – Die Berg- und Talfahrt der letzten Tage hat sich am Donnerstag an den europäischen Aktienmärkten mit Gewinnen fortgesetzt. Aufwärtsimpulse kamen von überwiegend positiv aufgenommenen Geschäftszahlen grosser europäischer Unternehmen. Zudem stützen die Lockerungen der Corona-Beschränkungen in vielen Ländern, wobei die damit einhergehenden Risiken einer zweiten Infektionswelle ebenfalls mitschwingen.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 notierte bei Handelsschluss 1,30 Prozent höher bei 2880,60 Punkten, nachdem er am Vortag um gut 1 Prozent nachgegeben hatte. Schon die ganze Woche bewegt er sich abwechselnd mit Gewinnen und Verlusten zwischen 2800 und 2900 Punkten. Eine klare Richtung fehle den Märkten weiterhin, konstatierte Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets.
Auf Länderebene stieg der französische Cac 40 am Donnerstag um 1,54 Prozent auf 4501,44 Punkte, während der Londoner FTSE 100 um 1,40 Prozent auf 5935,98 Zähler zulegte.
Eine klare Richtung fehle den Märkten weiterhin, konstatierte Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets. «Nach unten ist die Börse durch das zusätzliche billige Geld der Notenbanken und die Rettungsschirme der Regierungen relativ gut abgesichert, nach oben begrenzt der derzeitige desolate Zustand der Wirtschaft weitere Kursgewinne, Kurstreiber sind erst einmal nicht in Sicht.»
In dem freundlichen Marktumfeld waren vor allem die Werte aus den Branchen Einzelhandel, Rohstoffe, Finanzdienstleistungen, Immobilien, Medien und Banken mit Anstiegen bei ihren Teilindizes zwischen 2 und 3,3 Prozent gefragt. Schwächer schlossen einzig die Sektorindizes der Automobilindustrie und der Gesundheitsbranche mit Abgaben von 0,2 und 0,8 Prozent.
Der Einzelhandelssektor wurde mitgetragen von Ahold Delhaize mit einem Kursplus von 3,2 Prozent. Der Handelskonzern hält nach einem starkem Jahresauftakt weiter am Ausblick für 2020 fest. Durch Corona bedingte Investitionen könnten sich aber in den nachfolgenden Quartalen deutlich bemerkbar machen, gab das Unternehmen zu. An der Dividendenpolitik und dem Aktienrückkaufprogramm will Ahold Delhaize aber vorerst festhalten.
Keine klaren Gewinne gab es im Telekomsektor, der dem Markt mit einem nur knappen Plus beim Branchenindex hinterher hinkte. Zu einem schweren Bremsklotz wurde hier die britische BT Group, die wegen der Corona-Krise keinen Ausblick auf das neu angelaufene Geschäftsjahr wagte und die Zahlung seiner Dividende aussetzte. Die Aktien sackten in London um acht Prozent ab.
Bei den Aktien der spanischen Telefonica lief es etwas besser, hier verblasste eine anfängliche Rally aber mit einem schlussendlich nur knappen Plus von 0,1 Prozent. Der Telekomriese und der US-Medienkonzern Liberty Global legen wie erwartet ihr britisches Geschäft in einer Milliardentransaktion zusammen. Zudem halten die Spanier trotz der Corona-Krise an ihrer Dividendenzahlung fest.
Der Brauereikonzern Anheuser-Busch Inbev fuhr wegen der Beschränkungen in der Corona-Krise in den ersten drei Monaten einen Milliardenverlust ein, dennoch rückten die Papiere um 1,4 Prozent vor. Laut Goldman-Experte Olivier Nicolai übertraf des Tagesgeschäft die Erwartungen. Allerdings steht dem Konzern in der Viruskrise ein noch trüberes zweites Quartal bevor.
Der weltgrösste Stahlkonzern ArcelorMittal kappt wegen der Corona-Krise die Investitionspläne und streicht die Dividende. Das Unternehmen sieht jedoch Licht am Ende des Tunnels – mit dem zweiten Quartal als Tiefpunkt. Dies erleichterte die Anleger, die Papiere zogen als Spitzenreiter im französischen Cac-Index um 6,8 Prozent an.
Die wegen der Corona-Krise angeschlagene Fluggesellschaft Air France-KLM hat keine Hoffnung auf eine schnelle Erholung. Das Flugangebot im zweiten Quartal dürfte rund 95 Prozent und im Folgequartal rund 80 Prozent niedriger liegen als ein Jahr zuvor. Eine vollständige Erholung der Passagierzahlen dürfte mehrere Jahre dauern, schätzt das Management und blickt nun noch vorsichtiger in die Zukunft. Die Papiere verbuchten ein Minus von 2,5 Prozent. (awp/mc/ps)