Europa-Verlauf: Schwach – Konjunktursorgen belasten Ölwerte

Europa-Verlauf: Schwach – Konjunktursorgen belasten Ölwerte
(Adobe Stock)

Paris / London – Mit deutlichen Verlusten haben die europäischen Börsen ihre Erholungsansätze vom Vortag am Mittwoch ad acta gelegt. Die guten Vorgaben der Wall Street verblassten angesichts sinkender US-Futures. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx50 sank am späten Vormittag um 1,84 Prozent auf 3429,76 Punkte. Nicht besser sah es beim französischen Cac 40 aus, der um 1,7 Prozent auf 5862,99 Punkte fiel. Der britische FTSE 100 büsste 1,36 Prozent auf 7054,80 Zähler ein.

Damit hat sich die Lage merklich eingetrübt. Die Hoffnung ruht nun auf den zahlreichen charttechnischen Unterstützungen, denen sich der EuroStoxx 50 nähert. «Das bisherige Jahrestief vom März bei 3387 Punkten definiert den Auftakt zu einer ganzen Reihe von markanten Unterstützungen», so der technische Analyst Jörg Scherer von HSBC. «Neben dem langfristigen Durchschnitt der letzten 200 Monate – aktuell bei 3258 Punkten – ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der ehemalige Abwärtstrend seit Beginn des Jahrtausends bei aktuell 3139 Punkten zu nennen.»

Neue Inflationsdaten verdüsterten die Stimmung an den Märkten, wie Analystin Sophie Lund-Yates von der Investmentgesellschaft Hargreaves Landsdown feststellte. Im Mai hatten sich die Verbraucherpreise in Grossbritannien gegenüber dem Vorjahresmonat um 9,1 Prozent erhöht. Das war die höchste Rate seit Beginn der Erfassung im Jahr 1997. Derartige Daten heizen nach Ansicht der Analystin Befürchtungen an, die Notenbanken könnten bei der Bekämpfung der Teuerung noch aggressiver vorgehen. Die Folgen liegen auf der Hand. «Es fehlen weiter die Argumente für Aktienkäufe selbst auf dem jetzt vermeintlich niedrigen Niveau», begründete Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets die Zurückhaltung der Investoren.

An der Spitze der Verlierer standen die Öl- und Rohstoffwerte. «Die Konjunktursorgen sind nicht nur am Aktienmarkt, sondern auch deutlich am fallenden Ölpreis abzulesen», merkte Molnar dazu an. Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank verwies zudem auf das anstehende Treffen von Vertretern der US-Ölindustrie mit US-Präsident Biden. «Biden hatte die Raffinerien in der letzten Woche öffentlich scharf kritisiert und ihnen vorgeworfen, zu wenig Benzin zu produzieren und durch die rekordhohen Verarbeitungsmargen Gewinne auf Kosten der Autofahrer einzustreichen», so Fritsch. «Offenbar geht eine Reihe von Marktteilnehmern davon aus, dass sich die Ölindustrie gefügig zeigen und das Benzinangebot deutlich ausweiten wird.»

Stahlwerte litten zudem unter kritischen Analystenstimmen. Unter Druck standen hier ArcelorMittal mit 7,2 Prozent Abschlag. Die US-Bank JPMorgan hatte die Aktie von «Overweight» auf «Neutral» abgestuft und das Kursziel von 48 auf 32,50 Euro gesenkt. In der Stahlbranche sei Vorsicht angesagt, schrieb Analyst Luke Nelson. Preise und Profitabilität seien deutlich gesunken, die Lagerbestände in Europa und China hoch und die Wirtschaftsaussichten mau.

Verluste verzeichneten auch konjunkturabhängige Sektoren wie Auto und Chemie. Einen Kurseinbruch erlitten dabei Aktien des Materialtechnologie- und Recyclingkonzerns Umicore. Die Belgier hatten sich im Vorfeld ihres Kapitalmarkttages ambitionierte Ziele gesetzt und massive Investitionen angekündigt. Laut Jefferies-Experte Charlie Bentley liegen sie in den kommenden fünf Jahren um 40 Prozent über den Markterwartungen. Damit werde Fremdkapitalbedarf immer wahrscheinlicher.

Defensive Sektoren wie Telekommunikation, Nahrungsmittel und Pharma hielten sich dagegen besser. Orange verzeichnete sogar leichte Gewinne, nachdem Barclays die Einstufung der Aktie des Mobilfunkunternehmens von «Underweight» auf «Equal Weight» erhöht hatte. Auch Aktien des Nahrungsmittelkonzerns Nestle erwiesen sich als Fels in der Brandung und kletterten um 1,4 Prozent, was den Sektor Lebensmittelhersteller leicht steigen liess. (awp/mc/pg)

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