Paris / London – Mit Rückenwind von der Wall Street haben die meisten europäischen Börsen am Donnerstag ihre Erholung fortgesetzt. «Die Aktienmärkte werden erneut vom Öl beeinflusst», erklärte Analyst David Madden von CMC Markets UK den sich wieder etwas breiter machenden Optimismus unter den Anlegern. Bereits in den USA hatten die Börsen mit Erleichterung darauf reagiert, dass der am Montag vor dem Kontraktwechsel in negatives Terrain abgestürzte Preis für die wichtigste US-Sorte WTI-Öl wieder über 17 US-Dollar je Barrel gehandelt wird. Dazu trugen aber auch die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und dem Iran bei.
Der EuroStoxx 50 legte um 0,62 Prozent auf 2852,46 Punkte zu. Der französische Cac 40 gewann 0,89 Prozent auf 4451,00 Punkte und der britische FTSE 100 stieg um 0,97 Prozent auf 5826,61 Zähler.
Die Wirtschaftsdaten für die Eurozone indes verheissen nichts Gutes. So trübte sich durch die Corona-Krise im April die Stimmung in der Wirtschaft der Eurozone noch stärker als befürchtet ein und sackte auf ein Rekordtief. Auch in Grossbritannien war die Stimmung so schlecht wie nie.
Die Erholung der Ölpreise spiegelte sich in Europa in steigenden Kursen von Aktien der Öl- und Gasbranche wider. Das Branchenplus war mit 3 Prozent so gross wie das der Banken an diesem Tag. Damit waren die beiden Sektoren die Favoriten. Der einzige Sektor in Europa mit Verlusten war der Einzelhandel: Der Index verlor 0,7 Prozent.
Das Bild im EuroStoxx 50 entsprach dem der Sektoren: Aktien der französischen Banken BNP Paribas und Societe Generale waren mit Gewinnen von 6,3 Prozent und 5,2 Prozent die gefragtesten Werte. BBVA stiegen um 4,6 Prozent und ING um 4,0 Prozent. Unter den Ölwerten fanden sich Total SA mit plus 4,2 Prozent auf den vordersten Plätzen. LVMH, Kering und Inditex dagegen zählten mit Abschlägen von 1,4 bis 2,3 Prozent zu den Schlusslichtern.
Die Bankenwerte erhielten vor allem von der Credit Suisse einen Schub, denn trotz hoher Rückstellungen für drohende Kreditausfälle durch die Corona-Krise überraschte die Grossbank aus der Schweiz mit einem Gewinnsprung und dem besten Quartalsergebnis der vergangenen fünf Jahre. Das Papier gewann im SMI 2,3 Prozent.
Unilever-Papiere büssten angesichts der kassierten Jahresprognose in Amsterdam 1,7 Prozent ein. Im ersten Quartal hatte der Konsumgüterkonzern zudem mit einem stagnierenden organischen Umsatz enttäuscht.
Einen kräftigen Umsatzeinbruch verzeichnete wegen der Corona-Krise der französische Autobauer Renault, doch da das erwartet worden war, reagierten die Papiere nicht mit Verlusten. Sie stiegen angesichts des vorangegangenen kräftigen Kursverfalls nun um 4,2 Prozent.
Schneider Electric, die um marktkonforme 0,8 Prozent stiegen, gaben nicht nur Umsatzzahlen für das erste Quartal bekannt, sondern auch den Erfolg der geplanten Übernahme von RIB Software. Die Mindestannahmeschwelle wurde erreicht.
Dass der niederländische Essenslieferant Takeaway den britischen Wettbewerber Just Eat übernehmen darf, sorgte für keine Überraschungen. Unterdessen hat sich Takeaway am Kapitalmarkt Geld beschafft. Die bereits unter dem Namen Just Eat Takeaway geführte Aktie büsste etwas mehr als 2 Prozent ein. (awp/mc/ps)