Europa-Schluss: Kursrutsch – Pessimistischer Ausblick der US-Notenbank

Europa-Schluss: Kursrutsch – Pessimistischer Ausblick der US-Notenbank

Paris / London – Ein düsterer Konjunktur-Ausblick der US-Notenbank (Fed) für die grösste Volkswirtschaft der Welt sowie das Ausbleiben weiterer Hilfsmassnahmen hat die Anleger in Europa am Donnerstag stark verschreckt. Der überbordende Optimismus, der seit Monatsbeginn herrschte, erhielt einen weiteren Dämpfer.

Der EuroStoxx 50 gab den vierten Handelstag in Folge nach und sackte am Ende um 4,53 Prozent auf 3144,57 Punkte ab. Allerdings hatte sich der Leitindex der Eurozone seit dem Tiefpunkt im Corona-Crash Mitte März in der Spitze bereits wieder um bald 50 Prozent erholt, was nicht zuletzt dem starken Anstieg von rund 11 Prozent in der ersten Juni-Woche zu verdanken war.

Ähnlich wie der Benchmark-Index EuroStoxx reagierten auch die grossen Länderbörsen am Donnerstag auf die Fed: In Paris brach der Cac 40 um 4,71 Prozent auf 4815,60 Punkte ein. Der britische Leitindex FTSE 100 fiel um 3,99 Prozent auf 6076,70 Zähler.

Wie Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank sagte, sind die Anleger weltweit enttäuscht, dass es keine Ausweitung der expansiven US-Geldpolitik durch die Fed gegeben hat: «Den Marktteilnehmern reicht es nicht, dass die US-Notenbank bis 2022 nicht an der Zinsschraube drehen wird.» Stattdessen sei auf noch mehr gesetzt worden, weshalb das Ausbleiben nun die längst erwartete «überfällige Börsenkonsolidierung» eingeläutet haben könnte.

Nach Auffassung der Fed dürften die Pandemie und ihre Folgen die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Inflation auch künftig stark belasten. Es bestünden erhebliche konjunkturelle Risiken.

Branchenweit gab es in Europa nur Verlierer. Am schlimmsten traf es den stark konjunkturabhängigen Sektor der Automobilhersteller und – zulieferer, der um 7,27 Prozent in die Tiefe rauschte.

Unter den Einzelwerten im EuroStoxx schafften nur die Aktien des Konsumgüterherstellers Unilever ein Plus und stiegen um 0,5 Prozent. Wie der niederländisch-britische Konsumgüterkonzern zuvor mitgeteilt hatte, soll es künftig nur noch eine Muttergesellschaft geben. Die Gruppe solle auf die Unilever Plc in London gebündelt werden. Bisher hat Unilever eine duale Struktur mit zwei Sitzen, einem in den Niederlanden und einem in Grossbritannien. Laut Liberum-Analyst Nico von Stackelberg wird dies die Rechtsform vereinfachen, ebenso wie die Unternehmensführung. Auch die Komplexität mit Blick auf Übernahmen oder Veräusserungen würde reduziert.

In Amsterdam schwankten die Papiere von Just Eat Takeaway.com stark und gingen schliesslich 2,6 Prozent tiefer aus dem Handel. Die Anteilscheine des britisch-niederländischen Essenslieferdiensts hatten am Vortag bereits mit sehr kräftigen Verlusten auf Spekulationen reagiert, wonach das Unternehmen den US-Wettbewerber Grubhub übernehmen könnte.

Nach US-Börsenschluss am Mittwoch bestätigten sich dann die Gerüchte. Analyst Marcus Diebel von der US-Bank JPMorgan zeigte sich gleichwohl überrascht von der Transaktion, da das Umfeld für Essenslieferanten in den USA wettbewerbsintensiv sei und nur begrenzt rasche Synergien aus dem Deal gehoben werden könnten. Die Aktien von Grubhub standen zuletzt in New York fast fünf Prozent im Plus.

Gegen den sehr schwachen Markttrend endeten in Madrid die Anteilscheine von Bolsas y Mercados Espanoles nahezu unverändert. Die Aktionäre des Börsenbetreibers hatten die Übernahme-Offerte des schweizerischen Konkurrenten Six angenommen. (awp/mc/ps)

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