Paris / London – Robuste Quartalszahlen einiger Schwergewichte haben den wichtigsten europäischen Aktienmärkten am Mittwoch Auftrieb gegeben. Nach einem schwächeren Vortag gewann der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone 1,72 Prozent auf 3896,81 Punkte.
Der französische Cac 40 zog um 1,38 Prozent auf 6624,91 Punkte an. Etwas verhaltener entwickelte sich der britische FTSE 100 mit plus 0,37 Prozent auf 7629,22 Punkte, hier bremsten etwas die schwachen Rohstoffwerte.
Der Ukraine-Krieg und die daraus resultierenden Folgen seien bereits zu einem grossen Teil eingepreist, so Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect. Allerdings dürfe sich die Lage nun nicht weiter verschlechtern. «Bisher gehen die Marktteilnehmer noch von vorübergehenden Effekten aus, die sich in den kommenden Handelsmonaten wieder glätten werden», so Lipkow.
Marc Decker, stellvertretender Leiter Aktien bei der Quintet Private Bank, warnte allerdings davor, starke Unternehmenszahlen für das erste Quartal auf das gesamte Jahr hochzurechnen: «Das Verbrauchervertrauen ist in der Eurozone zuletzt sehr stark gesunken und befindet sich auf einem fast rezessiven Niveau.» Dies deute darauf hin, dass die Unternehmenszahlen für das zweite Quartal und das gesamte Jahr 2022 zumindest leicht nach unten revidiert werden sollten.
An der Spitze der Einzelsektoren lagen die Technologiewerte, die sich von einer weiteren Enttäuschung des US-Streamingkonzerns Netflix und hohen Kursverlusten der Netflix-Papiere von mehr als einem Drittel nicht aus der Bahn bringen liessen. Starke Zahlen des Chipindustrieausrüsters ASML beflügelten. Der niederländische Konzern hatte mitgeteilt, die Bestellungen beliefen sich in den ersten drei Monaten wie im Vorquartal auf rund sieben Milliarden Euro. Dies habe den Auftragsbestand Ende März auf 29 Milliarden Euro hochgetrieben, sagte ASML-Finanzchef Roger Dassen. Die ASML-Aktien gewannen nach der Schwächeperiode seit Jahresbeginn 5,3 Prozent.
Auch Danone überzeugte. Der französische Lebensmittelkonzern war vor allem wegen Preiserhöhungen mit einem deutlichen Umsatzplus in das Jahr gestartet. Analystin Celine Pannuti von der Bank JPMorgan sprach von einem soliden ersten Quartal. Die Aktien beendeten ihre Schwächephase und sprangen um 5,8 Prozent in die Höhe. Auch Spekulationen um eine Übernahme durch den Rivalen Lactalis sowie ein gute Umsatzentwicklung des Wasserherstellers Evian trieben an.
CRH gewannen 5,9 Prozent. Der irische Baustoffkonzern rechnet nach einem positiven ersten Quartal auch für die erste Jahreshälfte mit Steigerungen. Umsatz und operativer Gewinn (Ebitda) dürften in den ersten sechs Monaten höher ausfallen als ein Jahr zuvor, teilte das Unternehmen mit. Dabei dürfte das operative Ergebnis stärker zulegen als der Umsatz.
Der Bankensektor liess sich auch von enttäuschenden Zahlen der Grossbank Credit Suisse nicht bremsen und legte deutlich zu. Bei dem schweizerischen Institut kam es allerdings zu einem Minus von 1,5 Prozent. Nach dem Milliardenverlust 2021 begann das neue Jahr mit roten Zahlen. Neue Rückstellungen für alte Rechtsstreitigkeiten, der Krieg in der Ukraine und die Wertminderung einer Beteiligung dürften im ersten Quartal zu einem Verlust führen.
Am Ende der europäischen Sektoren lagen die Rohstoffwerte. Rio Tinto enttäuschte mit Produktionszahlen, die Aktien verloren 4,8 Prozent. Die kanadische Bank RBC schrieb, der Minenkonzern sei schwach in das Jahr 2022 gestartet. Analyst Tyler Broda kürzte daraufhin seine diesjährige Schätzung für den operativen Gewinn (Ebitda) wegen eines niedrigen Eisenerz- und Kupfervolumens, aber höheren Kosten. (awp/mc/pg)