Paris / London – Steigende Ölpreise und eine rekordhohe Inflation in der Eurozone haben am Dienstag die jüngste Erholungsphase der europäischen Börsen beendet. Der EuroStoxx 50 büsste 1,36 Prozent auf 3789,21 Zähler ein. Noch am Vortag war der Leitindex der Eurozone auf den höchsten Stand seit fünf Wochen geklettert. Doch mit den Verlusten dieses Tages verbucht er im Monat Mai nun ein Minus von 0,4 Prozent.
Der Cac 40 in Paris verlor am Dienstag 1,43 Prozent auf 6468,80 Punkte. An der Londoner Börse hingegen behauptete sich der FTSE 100 mit einem moderaten Plus von 0,10 Prozent auf 7607,66 Zähler und legte zudem im Monat Mai um 0,8 Prozent zu.
«Eine Preisexplosion wäre das letzte, was der Aktienmarkt jetzt gebrauchen kann», merkte Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets an. Neue Sanktionen der Europäischen Union (EU) gegen Russland trieben die Ölpreise zeitweise auf den höchsten Stand seit Anfang März. Die EU-Staaten verständigten sich nach wochenlangen Diskussionen auf einen weitgehenden Boykott von Öllieferungen aus Russland und wollen russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbinden.
Angesichts des Preisauftriebs in Europa rückten auch die Notenbanken wieder in den Blick der Anleger: Zwar hatte zuletzt die Erwartung einer langsameren Straffung der US-Geldpolitik für bessere Stimmung am Markt gesorgt; gleichzeitig schürt aber die hohe Inflation in einigen Ländern der Eurozone Befürchtungen, die Europäische Zentralbank (EZB) könnte ihre Zinsen womöglich stärker anheben als gedacht.
Der starke Ölpreisanstieg gab dem Öl- und Gassektor Auftrieb. Er stieg um 0,4 Prozent und war damit der zweitstärkste Sektor nach der Konsumgüterbranche. Totalenergies etwa verteuerten sich um 0,7 Prozent.
Unilever-Anteile verteuerten sich in Amsterdam unterdessen um 9,3 Prozent und bescherten so dem Konsumgütersektor mit plus 0,9 Prozent den Spitzenplatz unter den 19 Branchen. Für Fantasie sorgte die Berufung des aktivistischen Investors Nelson Peltz in den Verwaltungsrat. Analysten begrüssten die Personalie. Die Anleger dürften nun darauf hoffen, dass Peltz auf Veränderungen im Unternehmen drängt, wie dies für aktivistische Investoren üblich ist. Diese steigen oft bei angeschlagenen Unternehmen ein, um einen Umbau zu fordern und so den Aktienkurs wieder hochzutreiben.
Unilever hatte zuletzt mit einigen Schwierigkeiten wie etwa steigenden Kosten zu kämpfen. Auch scheiterte der Versuch, das Konsumentengeschäft des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline zu übernehmen.
In Zürich büssten die Aktien der Credit Suisse 5,1 Prozent ein und waren damit Schlusslicht im SMI . Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, der sich auf zwei mit der Angelegenheit vertrauten, aber namentlich nicht genannten Personen beruft, prüft die Grossbank Optionen zur Stärkung des Kapitals. Zu diesen Optionen zähle auch eine mögliche Kapitalerhöhung oder der Verkauf eines Geschäftsbereichs. Die Bank dementierte allerdings. (awp/mc/ps)