Europa-Verlauf: Träger Start in die Woche
Paris / London – Nur wenig bewegt und ohne klare Richtung haben sich Europas wichtigste Aktienmärkte zu Beginn der neuen Woche präsentiert. Börsianer sprachen von einer vorherrschenden Unsicherheit der Anleger, dominiert vom Thema US-Schuldenobergrenze, für die trotz der nahenden Frist noch keine Lösung in Sicht ist. Ein möglicher Zahlungsausfall der grössten Volkswirtschaft der Welt Anfang Juni könnte erhebliche Auswirkungen auf viele andere Regionen haben.
Positive Impulse lieferten aktuelle Aussagen von US-Notenbankpräsident Jerome Powell zur Geldpolitik, die Hoffnungen schürten, dass die Währungshüter die Leitzinsen im Juni nicht weiter anheben. Unter Berufung auf die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor hatte Powell gesagt, dass die Zinssätze «vielleicht nicht so stark steigen müssen, wie es sonst nötig wäre, um unsere Ziele zu erreichen.»
Der EuroStoxx50 notierte am späten Montagvormittag 0,11 Prozent tiefer bei 4390,44 Punkten. Der französische Cac 40 sank um 0,17 Prozent auf 7479,45 Zähler, während der britische FTSE 100 um 0,24 Prozent auf 7775,33 Punkte stieg.
Mit einer Kursrally reagierte die griechische Börse auf den Erdrutschsieg der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) bei der Parlamentswahl am Wochenende. Der Leitindex Athex 20 kletterte um 8,5 Prozent nach oben. Die ND von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis lag nach Auszählung fast aller Stimmen bei etwa 40,8 Prozent. Wegen Änderungen im griechischen Wahlrecht müsste die bislang allein regierende ND nun jedoch eine Koalition eingehen. Mitsotakis schloss ein Bündnis mit anderen Parteien aber aus, sodass es wahrscheinlich zu einer Neuwahl kommt.
Aus Branchensicht waren europaweit Telekom-Werte am meisten gefragt. Ganz unten im Sektortableau standen Rohstoffaktien. Papiere aus der Chip-Branche litten unter der Nachricht, dass Chinas Aufsichtsbehörden vor dem Einsatz von Bauteilen des US-Chipherstellers Micron gewarnt haben. Die Produkte würden erhebliche Sicherheitsrisiken für die Lieferkette der kritischen Informationsinfrastruktur des Landes mit sich bringen, teilte die Behörde für Cybersicherheit der Volksrepublik mit.
So fielen die Aktien des Halbleiterindustrie-Ausrüsters ASML um 0,7 Prozent und gehörten zu den schwächsten Titeln im EuroStoxx50. Die USA und China befinden sich in einem tiefen Streit über die Lieferung von Hochtechnologie an das asiatische Land. Beobachter sehen in der nun verhängten Anordnung eine Retourkutsche für die US-Sanktionen gegen die chinesische Halbleiterindustrie, denen sich jüngst auch Japan angeschlossen hatte.
Unter den Einzelwerten waren die Aktien von Novo Nordisk dank weiterer Studienergebnisse zum Abnehm-Medikament Wegovy besonders attraktiv. Sie stiegen auf ein Rekordhoch und notierten zuletzt mit einem Kursgewinn von 2,3 Prozent an der Spitze des Stoxx-50-Index. Der dänische Pharmakonzern stellte auf einem Fachkongress eine Studie vor, wonach neben dem Haupteffekt Gewichtsabnahme auch das 10-Jahres-Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 18 Prozent gesunken war.
Die Anteilsscheine von Ryanair verteuerten sich um 2,0 Prozent. Der Billigflieger erwartet für sein laufendes Geschäftsjahr steigende Passagierzahlen sowie eine starke Nachfrage in der wichtigen Sommerreisesaison. Analyst Henry Gowers von JPMorgan nannte den Ausblick auf der Nachfrageseite weitgehend wie vom Markt erwartet. Die höheren Kosten und die möglichen Boeing-Verzögerungen bremsten jedoch die Gewinnentwicklung. Auf der Positivseite nannte der Experte die gestiegenen Ticketpreise. (awp/mc/pg)