Europa-Schluss: Deutliche Verluste – London hält sich besser
Paris / London / Zürich – Europas zuletzt etwas stabilisierte Börsen sind am Dienstag überwiegend unter Druck geraten. Der EuroStoxx 50 sackte im Handelsverlauf angesichts von Konjunktur- und politischen Sorgen sowie Kursverlusten von Indexschwergewichten bis auf knapp 4.689 Punkte ab, was den niedrigsten Stand seit Mitte August bedeutete.
Am Ende behauptete sich der Eurozonen-Leitindex mit einem Minus von 0,82 Prozent auf 4.751,23 Punkte immerhin etwas darüber. Ihn stützte die Marktentwicklung in New York, wo der US-Leitindex Dow Jones Industrial sein anfängliches Minus verringerte und das Tech-Barometer Nasdaq 100 in positives Terrain drehte. Der schweizerische SMI blieb mit einem Kursrückgang um 0,84 Prozent auf 11.541,43 Punkte letztlich ebenfalls über seinem August-Tief. Der britische FTSE 100 sank lediglich um 0,13 Prozent auf 8.099,02 Zähler.
«Die Marktteilnehmer beginnen, die sich langsam verändernde politische Situation in die Aktienkurse der Unternehmen einfliessen zu lassen», merkte Marktexperte Andreas Lipkow mit Blick auf die künftige US-Regierung unter Präsident Donald Trump an. «Daher stehen die europäischen Unternehmen eher mit dem Rücken zur Wand.»
Zudem hole der Krieg in der Ukraine die Börsen wieder ein, ergänzte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Er verwies auf eine mögliche Eskalation, nachdem es der scheidende US-Präsident Joe Biden der Ukraine erlaubt hat, mit weitreichenden amerikanischen Waffen auch Ziele auf russischem Boden anzugreifen.
Dazu stieg die Inflation in der Eurozone im Oktober wieder merklich an. Die Verbraucherpreise legten um 2 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat zu, womit eine erste Schätzung wie von Volkswirten erwartet bestätigt wurde. Im September hatte die Inflationsrate nur bei 1,7 Prozent gelegen.
Besonders deutliche Kursverluste erlitten am Dienstag neben den Banken die exportabhängigen Auto- und Luxusgüterhersteller. Im EuroStoxx 50 ging es für Schwergewicht LVMH um 1,9 Prozent bergab, während die Titel der Konkurrenten Kering und Richemont um 2,2 beziehungsweise 1,9 Prozent verloren. An den Märkten gibt es Sorgen, dass sich das wirtschaftspolitische Umfeld verschärfen könnte. «Die neue politische Ausrichtung in den USA hält viele potenzielle Unwägbarkeiten parat, die derzeit im vollen Umfang nicht abschätzbar sind», so Marktexperte Lipkow.
Bei SMI-Schwergewicht Nestlé mussten die Anleger einen Kursrückgang von 1,9 Prozent verkraften. Damit setzten die Aktien ihren Abwärtstrend fort und waren so billig wie zuletzt im Sommer 2018. Der Lebensmittelriese will mehr in Marketing investieren und die Kosten senken. Den Ausblick für das laufende Jahr bestätigten die Schweizer, senkten aber die Mittelfristziele für organisches Umsatzwachstum und Marge.
Zu den positiven Ausnahmen gehörten die Aktien von Imperial Brands. Sie zählten mit plus 3,1 Prozent zu den besten Werten im FTSE 100. Analysten lobten die Geschäftszahlen des Tabakunternehmens als solide. (awp/mc/ps)