Europa-Schluss: Konjunktursorgen führen zu deutlichen Verlusten
Paris / London – Nach dem Erholungsversuch tags zuvor haben am Freitag wieder Konjunktursorgen auf den europäischen Börsen gelastet. Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone fiel um 1,43 Prozent auf 4321,33 Punkte. Auf Wochensicht bedeutet dies ein Minus von 0,27 Prozent.
Der französische Cac 40 sank am Freitag um 1,26 Prozent auf 7340,19 Zähler. Der britische FTSE 100 verlor 1,24 Prozent auf 7524,16 Zähler.
Aktuell bleibt offen, ob der Konjunktur in Europa im Umfeld einer immer noch hohen Inflation eine sanfte Landung gelingt oder ob der starke Anstieg der Leitzinsen in den USA und in der Eurozone zu einem stärkeren Rückschlag führt. An der Wall Street zumindest war der jüngste, ohnehin nur verhaltene Jubel über die günstig ausgefallenen Verbraucherpreise nur von kurzer Dauer gewesen. Bereits am Donnerstag waren die Gewinne an den US-Börsen bis Handelsende merklich geschmolzen.
«Etwas Erleichterung war gestern zwar zu spüren, nachdem die Inflation in den USA im Juli nur moderat gestiegen war, die erhoffte Dynamik ist dennoch nicht in den Aktienmarkt gekommen», merkte Marktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets an. «Zu viel Erwartung von sich abschwächendem Preiswachstum und einem möglichen Ende des Zinserhöhungszyklus der Notenbanken wurde in den vergangenen Monaten bereits in die Aktienkurse eingepreist.» Deshalb stelle sich die Frage, woher im saisonal eher schwachen Börsensommer die nötigen Impulse für eine Fortsetzung der Rally kommen sollten.
Analyst Jan Gengel von der Weberbank sprach von Unsicherheit über den weiteren geldpolitischen Kurs der grossen Notenbanken. «Die Marktteilnehmer scheinen weiterhin uneins in ihren Interpretationen und vor allem den Schlussfolgerungen für die kommenden Entscheidungen», so Gengel. «Je nach Betrachtungsweise würden die Daten daher sowohl für weitere Zinserhöhungen oder sogar mögliche Lockerungen sprechen.» Gengel selbst interpretiert die Situation eher ungünstig: «Unseres Erachtens überwiegen die Argumente für eine anhaltend restriktive Geldpolitik, in der die ein oder andere Zinserhöhung noch möglich ist, aber Leitzinssenkungen erst einmal nicht zu erwarten sind.»
Eine gewisse Skepsis sprach auch aus der Kursentwicklung einzelner Branchen. So standen vor allem zins- und konjunkturabhängige Sektoren unter Druck. Unter den grössten Verlierern rangierten Technologie- und Immobilienwerte mit Abschlägen von jeweils gut zwei Prozent. Technologieaktien leiden darunter, dass bei weiter hohen oder gar steigenden Zinsen die künftigen Unternehmensgewinne aus aktueller Sicht weniger wert sind. Immobilienfirmen hingegen ächzen vor allem deshalb unter hohen Zinsen, weil dadurch ihre Finanzierung über Fremdkapital deutlich teurer wird.
Relativ besser hielten sich Bankaktien . Hier ragten an der Spitze des europäischen Auswahlindexes Stoxx 50 die Papiere der UBS mit 4,7 Prozent Aufschlag heraus. Das schweizerische Bankhaus hatte sämtliche Garantien des Staates im Zusammenhang mit der Not-Übernahme von Credit Suisse beendet. Nun will man sich auf die Umsetzung der Integration konzentrieren.
Die Analysten von Vontobel werteten die Nachricht positiv. Damit dürfte sich die politische Debatte um eine potenzielle Gefahr der neuen UBS für die Schweiz beruhigen, erwartet der Experte Andreas Venditti. Insgesamt liege zwar noch ein weiter Weg vor der neuen Bank, das Management setze den Plan aber mit Hochdruck um. Mehr Klarheit über die Entwicklung dürfte es mit den Quartalszahlen Ende des Monats geben. (awp/mc/pg)
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