Paris / London – Die wichtigsten europäischen Aktienmärkte haben am Donnerstag leichte Gewinne verzeichnet und sich damit etwas von dem Rücksetzer am Vortag erholt. Der EuroStoxx 50 zog am späten Vormittag um 0,43 Prozent auf 3772,16 Punkte an. Der französische Cac 40 legte mit 0,52 Prozent auf 6562,05 Punkte etwas stärker zu, während der britische FTSE 100 mit 0,1 Prozent Minus auf 7508,03 Punkte den anderen Börsen hinterherhinkte.
Der Handel war erneut von Vorsicht geprägt. «Die Erleichterung über eine mildere Gangart der US-FED in den kommenden Handelsmonaten kann sowohl von einem erkennbaren US-Konjunkturrückgang oder einer erneuten Inflationsdynamik überschattet werden», begründete Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect die Entwicklung. Er spielte dabei auf das jüngste Protokoll der US-Notenbank an. «Die Teilnehmer waren der Ansicht, dass es bei einer weiteren Straffung der Geldpolitik wahrscheinlich zu einem gewissen Zeitpunkt angemessen sein wird, das Tempo der Leitzinserhöhungen zu verlangsamen», hiess es in dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll. Dann müsse man die Auswirkung der Zinserhöhung auf die Wirtschaftstätigkeit bewerten.
Die Gefahren durch die Preisentwicklung unterstrichen neue Daten. Die Inflation in der Eurozone hatte im Juli auf hohem Niveau weiter beschleunigt und abermals einen Rekordwert erreicht. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhten sich die Verbraucherpreise um 8,9 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat laut einer zweiten Schätzung mitteilte. Im Vormonat waren die Verbraucherpreise um 8,6 Prozent gestiegen.
Die Entwicklung der Einzelbranchen bewegte sich im überschaubaren Rahmen. Stärker fielen die Kurausschläge einiger Einzelwerte aus. So brachen die Aktien von Adyen um 11,1 Prozent ein. Der niederländische Zahlungsdienstleister hatte sich im ersten Halbjahr schlechter geschlagen als erwartet. Das Unternehmen verfehlte gleich in mehreren Aspekten die Erwartungen von Analysten. Der operative Gewinn lag sogar unter dem Wert im zweiten Halbjahr 2021. Neben Belastungen durch Wechselkurseffekte sah sich das Management auch mit erhöhten Ausgaben für Reisen und Neueinstellungen von Fachkräften konfrontiert.
Ein anderer Wert aus der zweiten Reihe zog dagegen kräftig an. Zur Rose sprangen um 13,2 Prozent. Ein neues Profitabilitätsziel verlieh den Aktien der Versandapotheke Auftrieb. Das Unternehmen will die operative Gewinnschwelle nun früher als zuletzt angekündigt erreichen. Auch zu dem Dauerthema E-Rezept in Deutschland äusserte sich das Unternehmen recht zuversichtlich. Es werde immer stärker genutzt.
Weniger glänzend schnitt ein anderer Schweizer Titel ab. Der Sanitärkonzern Geberit hatte im ersten Halbjahr zwar sein Wachstumstempo gehalten. Da sich die hohe Inflation nur mit Verzögerung umwälzen lässt, war der Gewinn aber deutlich zurückgegangen. Das zweite Quartal 2022 sei eines der schwächsten Jahresviertel für Geberit gewesen, auch die Angaben zum Ausblick seien eine Enttäuschung, kommentierte Goldman Sachs. (awp/mc/ps)