Europa-Schluss: Verluste nach schwachen Konjunkturdaten aus China
Paris / London – Enttäuschende Wirtschaftsdaten aus China und schlechte Nachrichten zum italienischen Bankensektor haben den EuroStoxx 50 am Dienstag deutlich belastet. Der Leitindex der Eurozone fiel um 1,12 Prozent auf 4288,85 Punkte. Der französische Cac 40 sank um 0,69 Prozent auf 7269,47 Zähler. Der britische FTSE 100 («Footsie») büsste 0,36 Prozent auf 7527,42 Punkte ein.
Die chinesische Wirtschaft fiel einmal mehr durch beunruhigende Zahlen auf. Nach bereits starken Rückgängen in den Vormonaten waren die Exporte im Juli im Jahresvergleich in Dollar gemessen um 14,5 Prozent gefallen. Die Importe der zweitgrössten Volkswirtschaft sanken zudem um 12,4 Prozent. «Die wichtige Säule China hat einige Risse in der Konjunkturentwicklung bekommen», stellte Marktexperte Andreas Lipkow fest.
Die Hoffnung ruhe nun auf «stimulierenden Massnahmen durch die Regierung in Peking», ergänzte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets. «Kommen die nicht oder nur zu zaghaft, droht in China ein wirtschaftliches Debakel. Und bis die dort verabreichten Konjunkturpillen in Europa ankommen, dürfte auch noch einige Zeit vergehen.»
Der Bankensektor stand nach der überraschenden Ankündigung einer Sondersteuer für «Übergewinne» von Banken in Italien stark unter Druck. Deutlich ging es für die Papiere italienischer Banken nach unten: Unicredit brachen um 5,9 Prozent ein, Intesa Sanpaolo am EuroStoxx-Ende um 8,7 Prozent.
Mit der neu eingeführten 40-prozentigen Steuer hoffe die italienische Regierung, «einige Milliarden» Euro einzunehmen, um wiederum die Bürger zu entlasten, sagte Italiens stellvertretender Ministerpräsident und Lega-Chef Matteo Salvini. Laut der Nachrichtenagentur Ansa könnte die Steuer mehr als zwei Milliarden Euro in die Staatskasse spülen. Die Massnahme gilt für das Jahr 2023. Italienische Banken machen wegen hoher Zinsen auf Kredite zurzeit grosse Gewinne.
Die Analysten der US-Bank JPMorgan sprachen von einem überraschenden Schritt, der klar negativ für italienische Banken sei. Die Ergebnisse von Intesa Sanpaolo könnten dadurch um 30 Prozent niedriger ausfallen als ohne die Sondersteuer.
Am FTSE-Ende sackten die Anteilscheine von Abrdn um 11,7 Prozent ab. Die britische Investmentgesellschaft verzeichnete überraschend hohe Abflüsse.
Der Insulinhersteller Novo Nordisk hatte weitere positive Studiendaten zu seinem Gewichtssenker Wegovy veröffentlicht. In Tests erwies sich das Medikament auch zur Vorbeugung gegen schwerwiegende Herz-Kreislauf-Komplikationen wie Schlaganfall und Herzinfarkt der üblichen Standardbehandlung überlegen. Demnach wurde das Risiko im Vergleich um ein Fünftel verringert. Die Börse reagierte mit Begeisterung, die Anteilscheine schnellten in Kopenhagen auf ein Rekordhoch und gewannen am Ende 17,3 Prozent.
Auch Analysten fanden lobende Worte. Ein besseres Ergebnis hätte man sich nicht erhoffen können, meinte etwa die Expertin Emily Field von der britischen Bank Barclays. Sie sprach von einem regelrechten «Homerun». Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan zeigte sich positiv überrascht davon, wie sehr die Anzahl schwerwiegender kardiologischer Ereignisse bei übergewichtigen Erwachsenen reduziert worden sei. Er sieht in den Studienergebnissen für Wegovy einen möglichen revolutionären Wendepunkt in der Behandlung von Fettleibigkeit. (awp/mc/ps)