Europa-Schluss: EuroStoxx rutscht ins Minus – Sorgen überwiegen am Ende
Paris / London – Der EuroStoxx 50 hat im Handelsverlauf am Dienstag an Schwung verloren und minimal im Minus geschlossen. Nachdem sich zunächst Optimismus wegen der fortschreitenden Impfkampagne und der bevorstehenden Lockerungen der Restriktionen breitgemacht hatte, agierten die Anleger zuletzt wieder etwas vorsichtiger. Auf die Stimmung drückten Virus-Ausbrüche in einigen Ländern Asiens.
Der Leitindex der Eurozone war zunächst mit einem Aufschlag von knapp 1 Prozent auf den höchsten Stand seit Januar 2008 geklettert, bevor die Anleger Kasse machten und die Gewinne damit peu a peu abbröckelten. Schliesslich stand ein Minus von 0,04 Prozent auf 4005,34 Punkte zu Buche.
Der französische Cac 40 gab um 0,21 Prozent auf 6353,67 Zähler nach. Der britische FTSE 100 aber rettete ein Plus von 0,02 Prozent auf 7034,24 Punkte ins Ziel.
Ansonsten bestimme die Angst vor Inflation und damit einhergehenden steigenden Zinsen zwar weiterhin das Börsengeschehen, doch dem stehe die Entschlossenheit der Notenbanken entgegen, noch sehr lange an der ultralockeren Geldpolitik festzuhalten, schrieb Analyst Milan Cutkovic vom Handelshaus Axi.
Aus Branchensicht schwach präsentierte sich der Telekomsektor mit einem Minus von 1,2 Prozent. Hier belasteten Kursabschläge bei Vodafone von rund 9 Prozent. Der Telekomkonzern hatte die Anleger mit seinen Investitionsplänen verstimmt.
Dem gegenüber griffen die Investoren beherzt bei Anbietern Alternativer Energien zu. Für Fantasie hatte ein Bericht im spanischen Wirtschaftsblatt «Expansión» gesorgt, wonach Siemens Energy seine Tochter Siemens Gamesa von der Börse nehmen könnte. Der Energiekonzern Siemens Energy aber wies entsprechende Spekulationen zurück und teilte auch mit, dass derzeit keine Komplettübernahme des Windanlagenbauers angestrebt werde. Siemens Gamesa sei jedoch Teil einer regelmässigen Überprüfung des Konzern-Portfolios, für die Zukunft könne kein Szenario ausgeschlossen werden.
Die Aktien von Siemens Gamesa waren zwischenzeitlich vom Handel ausgesetzt worden und stiegen letztlich an der Spitze des spanischen Leitindex Ibex 35 um 4,4 Prozent. JPMorgan-Analyst Andreas Willi schrieb, er habe schon länger argumentiert, die gegenwärtige Struktur von Siemens Energy sei nicht optimal und Siemens Gamesa zugleich ein attraktiver Vermögensteil.
Auch bei Aktien anderer Windenergiekonzerne bewegte der Bericht über ein mögliches Delisting von Siemens Gamesa die Kurse. In Kopenhagen zogen Vestas um zwei sowie Orsted um fünf Prozent an und in Frankfurt gewannen Nordex drei Prozent. Die im deutschen Leitindex Dax gelisteten Anteilscheine von Siemens Energy gingen zwei Prozent höher aus dem Handel.
Im Fokus standen zudem Aktien französischer Konzerne. Engie etwa zogen im EuroStoxx um rund drei Prozent an. Der Energiekonzern hatte im ersten Quartal vom kälteren Wetter und einer höheren Auslastung der belgischen Atomkraftwerke profitiert.
In Frankreich bahnt sich zudem bis Ende 2022 die Fusion zweier grosser TV-Gruppen an. Die privaten Senderunternehmen TF1 und M6 sollen zusammengelegt werden, dazu werden exklusive Verhandlungsgespräche aufgenommen, wie die Eigentümer und die TV-Gruppen mitteilten. TF1-Papiere schossen um mehr als sieben Prozent hoch. TF1-Eigentümer ist der Mischkonzern Bouygues. Dessen Aktienkurs gab um mehr als ein Prozent nach. Die Anteilscheine von RTL zogen um knapp vier Prozent an, der Konzern hält derzeit gut 48 Prozent der M6-Anteile. (awp/mc/ps)