Europa-Schluss: Risiken zu gross für Erholung
Paris / London – Die nach wie vor grosse Unsicherheit über die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine hat auch am Dienstag die Anleger in der Reserve gehalten. Zwar lag der Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 im Verlauf des Handels zumeist im Plus, am Ende stand aber ein Minus von 0,20 Prozent auf 3505,29 Punkte zu Buche. Am Vortag war der Index vorübergehend auf den tiefsten Stand seit November 2020 abgerutscht war. Für eine durchgreifende Erholung seien die Marktrisiken derzeit einfach noch viel zu gross, sagten Börsianer.
Der französische Cac 40 sank am Dienstag um 0,32 Prozent auf 5962,96 Punkte. Der britische FTSE 100 hielt sich mit plus 0,07 Prozent auf 6964,11 Punkte erneut besser. Hier sorgen weiterhin die Kursgewinne der Energie- und Rohstoffkonzerne für Unterstützung.
Die weiter steigenden Energie- und Rohstoffpreise führten den Investoren vielmehr erneut das Risiko einer Stagflation vor Augen, einer Wachstumsschwäche bei gleichzeitiger Inflation. «Das Szenario einer Stagflation wird immer wahrscheinlicher», sagte Ricardo Evangelista vom Handelshaus Activtrades. Er verwies auf den stark steigenden Goldpreis, der nicht mehr weit von einem Rekordhoch entfernt sei. Gold gilt als Profiteur einer stagflationären Konjunktur.
Das Embargo von russischen Energieimporten hält die Investoren ebenfalls in Schach, droht dies doch Öl noch zu verteuern. Grossbritannien will Ölimporte aus Russland bis Ende des Jahres einstellen und die USA verhängen ein Importstopp für russisches Öl und Gas.
Einige der grössten Verlierer des jüngsten Kursrutsches erholten sich am Dienstag. So zählten europäische Versorger- und Bankaktien am Dienstag zu den Gewinnern. Klar an der Spitze des Sektortableaus lag aber erneut der Öl- und Gassektor mit plus 3,5 Prozent. Shell gewannen drei Prozent, BP fünf Prozent und Totalenergies zwei Prozent.
Danone fielen um 1,2 Prozent auf den tiefsten Stand seit Herbst 2020. Der Lebensmittelkonzern rechnet im laufenden Jahr mit einer geringeren Profitabilität. Zudem blieben die mittelfristigen Ziele etwas unklar, monierte Analyst Martin Deboo von Jefferies.
Unter den kleineren Werten verzeichneten Aktien aus dem Bereich der Alternativen Energien erneut Gewinne. Seit Tagen schon sind sie bei Anlegern begehrt dank der Perspektive, dass der Krieg in der Ukraine die Energiewende in Europa weiter beschleunigen wird. Vestas Wind rückten um 10,5 und und Siemens Gamesa um 7,4 Prozent vor.
Hinzu kam ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg. Diese schrieb unter Berufung auf informierte Kreise, der US-Finanzinvestor KKR erwäge einen Kauf des französischen Unternehmens Albioma, das im Bereich Solar und Biomasse seine Stärken hat. Die Aktie zog um 9,3 Prozent an. (awp/mc/ps)