EZB: Zinsen dürfen nicht zu lange zu niedrig bleiben

Jürgen Stark

EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark.

London – Die Zinsen in der Eurozone dürfen nach Einschätzung von Jürgen Stark, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), nicht zu lange zu niedrig bleiben. «Die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Eurozone hat nichts mehr mit der Situation Anfang des Jahres 2009 zu tun», schreibt Stark in einem Gastbeitrag für das «Wall Street Journal» vom Donnerstag.

Im Zuge der damals herrschenden Finanz – und Wirtschaftskrise hatte die EZB den Leitzins auf ein Rekordtief von 1,0 Prozent reduziert. Der Markt erwartet derzeit laut Volkswirten eine erste Leitzinserhöhung im April. Laut Stark haben die Märkte das Signal der EZB richtig verstanden, als sie zuletzt nicht mehr von «angemessenen» Zinsen gesprochen hat.

Preisdruck in Produktionskette steigt
Die Inflation habe sich zuletzt deutlich stärker als erwartet beschleunigt, sagte Stark. Der Preisdruck in der Produktionskette sei gestiegen. Die Inflationsrate in der Eurozone liege mittlerweile auf einem Niveau, dass nicht mehr mit dem Ziel von Preisstabilität vereinbar sei. Im März war die Inflationsrate auf 2,4 Prozent gestiegen. Die Notenbank strebt hingegen mittelfristig eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent an. Er gehe auch nicht davon aus, dass der durch steigende Rohstoffpreise ausgehende Preisdruck nur vorübergehend sei. Zudem sei das Wirtschaftswachstum zunehmend selbsttragend.

Japan und in Nordafrika im Blickfeld
Die Notenbank müsse natürlich auch die Ereignisse in Japan und in Nordafrika beachten, schreibt Stark. Allerdings könnte die Geldpolitik wegen solcher Entwicklungen nicht reflexartig gelockert werden. Er gehe auch nicht davon aus, dass das Wirtschaftswachstum durch steigende Zinsen belastet werde. Es sei die Aufgabe der Regierungen, das Wirtschaftswachstum zu stützen und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Zudem müssten sie das Vertrauen in das Finanzsystem und die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen stärken. Zu niedrige Zinsen würden eine unsolide Haushaltspolitik stützen und eine Restrukturierung des Bankensystems verzögern. Die Notenbank wird laut Stark das Erforderliche tun, um die Inflationserwartungen gut zu verankern und Preisstabilität zu gewährleisten. (awp/mc/ps)

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