New York / London – Die Ölpreise haben am Dienstag ihre deutlichen Abschläge vom Vortag ausgeweitet. Zeitweise waren die beiden für die Finanzmärkte wichtigen Ölsorten unter 100 US-Dollar gefallen. Nach negativ aufgenommen Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin erholten sich die Ölpreise etwas.
Am Nachmittag wurde ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent mit 100,93 Dollar gehandelt. Das waren 5,85 Dollar weniger als am Vortag. Zeitweise war der Brent-Preis bis auf 97,44 Dollar gefallen. Der Preis für ein Fass West Texas Intermediate (WTI) fiel um 5,91 Dollar auf 96,94 Dollar.
Schon am Vortag waren die Ölpreise deutlich unter Druck geraten. Von ihren mehrjährigen Höchstständen, die sie im Zuge des Ukraine-Kriegs vor gut einer Woche markiert hatten, haben sich die Preise mittlerweile deutlich entfernt. Ein Fass Brent hatte in der Spitze rund 139 Dollar gekostet, ein Fass WTI war mehr als 130 Dollar wert gewesen.
Hoffnungen auf eine Annäherung der Kriegsparteien
Hintergrund der jüngsten Preisabschläge sind zum einen neue Gespräche zwischen Russland und der Ukraine, die Hoffnungen auf eine Annäherung der Kriegsparteien aufkeimen lassen. Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank sprach von Hoffnungen auf einen Waffenstillstand in der Ukraine.
Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin haben die Zuversicht allerdings gedämpft. Die Ukraine habe «keine ernsthafte Einstellung zur Suche nach für beide Seiten akzeptablen Lösungen», sagte er in einem Gespräch mit EU-Ratspräsident Charles Michel. Die Hoffnung auf Fortschritte bei den Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine über eine Beendigung der Kriegshandlungen, hatten zuletzt noch für Zuversicht gesorgt. Die Ölpreise stiegen daraufhin etwas über ihre Tagestiefstpreise.
Einen weiteren Grund für die schwächeren Ölpreise sehen Beobachter in chinesischen Massnahmen gegen neue Corona-Ausbrüche. China reagiere scharf auf den stärksten Anstieg der Corona-Infektionszahlen seit dem Ausbruch in Wuhan vor gut zwei Jahren, sagte Experte Fritsch. Davon betroffen sind auch Metropolregionen wie Shanghai und Shenzhen.
Der scharfe Kurs, auch als «No-Covid-Strategie» bekannt, sieht weitgehende Lockdowns selbst bei kleineren Corona-Ausbrüchen vor. Das Vorgehen belastet die wirtschaftliche Erholung.
Zudem gibt es auch Fortschritte bei den Gesprächen über das iranische Atomabkommen. Russland sieht nach Angaben von Aussenminister Sergej Lawrow einen Teil seiner Forderungen im Zusammenhang mit dem iranischen Atomabkommen erfüllt. Es sei schriftlich garantiert, dass Sanktionen wegen des Angriffs auf die Ukraine nicht die russische Nuklearzusammenarbeit mit dem Iran treffen werden. Das sagte Lawrow am Dienstag in Moskau nach einem Gespräch mit seinem iranischen Kollegen Hussein Amirabdollahian. Eine Einigung könnte zu einer Aufhebung des Ölembargos führen und zu einem steigenden Ölangebot führen. (awp/mc/ps)