New York / London – Die Ölpreise haben am Donnerstag anfängliche deutliche Gewinne vollständig wieder abgegeben. Zuvor hatten die beiden wichtigsten Erdölsorten Brent und West Texas Intermediate (WTI) abermals die höchsten Stände seit vielen Jahren erreicht. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete bis zu 119,84 US-Dollar und damit so viel wie zuletzt im Jahr 2012. Ein Fass der US-Sorte WTI wurde mit bis zu 116,56 Dollar gehandelt. Das war der höchste Stand seit dem Jahr 2008.
Zuletzt gerieten die Ölpreise merklich unter Druck und drehten in die Verlustzone. Ein Barrel Brent kostete zuletzt 112,44 Dollar. Das waren 49 Cent weniger als am Vortag. Der WTI-Preis fiel um 99 Cent auf 109,61 Dollar.
Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sucht in der Endphase zur Rettung des Atomabkommens mit dem Iran noch einmal das direkte Gespräch mit Teheran. Die Nachricht schürte die Hoffnung, dass es bald zu einer Wiederherstellung des Atomabkommens kommen könnte. Diplomaten haben signalisiert, dass sich in den nächsten Tagen entscheiden wird, ob das Abkommen gerettet werden kann. Sollte das Atomabkommen wieder in Kraft treffen, dürften auch die Sanktionen aufgehoben werden. Dann könnte der Iran wieder Rohöl liefern, was zu einer Entspannung der derzeit angespannten Lage führen dürfte.
Sorgen über Sorgen
Zunächst hatte der Krieg in Russlands in der Ukraine erneut grosse Sorgen über das Ölangebot hervorgerufen. Russland ist einer der weltgrössten Förderer und Exporteure. Händler scheuen momentan das dortige Angebot, unter anderem aus der Angst vor Sanktionen grosser Volkswirtschaften wie den USA. Das treibt die Preise der anderen Erdölsorten nach oben. Darüber hinaus herrscht Sorge wegen der Möglichkeit eines kompletten Lieferausfalls Russlands, entweder als Folge von Einfuhrverboten anderer Länder oder eines Ausfuhrstopps Russlands.
Laut Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch haben die neuen US-Sanktionen die Lage nochmal verschärft. Diese beträfen den Raffineriesektor in Russland, an den keine Technologie mehr geliefert werden dürfe. «Damit dürfte es für russische Ölraffinerien schwieriger werden, notwendige Modernisierungen vorzunehmen», so Fritsch.
Auf grosse Hilfe seitens der 23 Förderländer im Verbund Opec+, dem auch Russland angehört, können die Industrieländer nicht zählen. Der Verbund setzt seinen Kurs einer schrittweisen und moderaten Ausweitung des Rohölangebots fort, wie Opec+ am Mittwoch mitteilte. Die Mitglieder der Internationalen Energieagentur (IEA) hatten deshalb unlängst beschlossen, einen Teil ihrer strategischen Ölreserven freizugeben. Dazu zählt auch Deutschland. (awp/mc/ps)