Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat im auslaufenden Kalenderjahr 2011 trotz einer Aufwärtstendenz im zweiten Semester nachgegeben. Nach dem Tiefpunkt im August allerdings weniger als befürchtet und auch weniger als andere Börsenplätze in Europa. Geprägt war das Geschehen weiterhin und vornehmlich von der Schuldenkrise in Europa und damit verbunden vom Vertrauensverlust der Marktteilnehmer in die Fähigkeiten der Politik, die Probleme zu lösen.
Nach einer Seitwärtsbewegung 2010 und einer positiven Entwicklung 2009 ist dies zusammen mit den Jahren 2007 und 2008 das dritte klar negative Börsenjahr der vergangenen fünf Jahre. Kurz vor dem definitiven Handelsschluss für dieses Jahr beträgt das Minus des SMI gut 8%. Dass es nicht mehr ist, verdankt der SMI vor allem dem Schwergewicht Roche. Zum Vergleich: Der Dax gab rund 16% nach und der CAC in Paris noch etwas mehr.
Eurozone als Sorgenkind schlechthin
Leicht besser hielt sich der wie der SMI als defensiv geltende Footsie in London, während der Dow Jones in den USA gar einige wenige Prozente zulegte. Dies unterstreicht, dass bei allen Problemen, welche auch die USA mit ihren Staatsschulden haben, die Eurozone derzeit das Sorgenkind schlechthin ist. So wird denn in Europa zumindest für das Winterhalbjahr auch eine Rezession vorhergesagt, wovon die bereits vom starken Franken gebeutelte Exportwirtschaft und die Tourismus-Industrie in der Schweiz ebenfalls stark betroffen sind.
Guter Start ins Jahr
Der SMI verzeichnete einen freundlichen Start ins neue Jahr mit leichten Gewinnen in den ersten beiden Monaten. Im Februar erreichte der Leitindex dann auch bereits sein Jahreshoch bei 6’739 Punkten. Mit der Katastrophe von Fukushima in Japan ging es dann im März erstmals ein paar hundert Punkte nach unten, wobei der SMI bei gut 6’000 Punkten Boden fand und sich schnell wieder auf über 6’500 Punkte erholte.
Erholungsbewegung nach Tiefpunkt im Juni
Richtig in den Keller ging es dann im Juni. Die Sorgen um die sich auf die zentralen Länder Europas ausweitende Schuldenkrise liessen den Schweizer Leitindex bis anfangs August und somit weit ins zweite Semester hinein auf das Jahrestief bei 4’695 Punkte niederrasseln. Ab dann setzte die Erholungsbewegung ein, welche mit Ausnahme des schwachen Novembers bis zum Jahresende anhielt. Zentral für die hiesigen Aktien war dabei die Intervention der SNB gegen die Frankenstärke, mit der sie eine Untergrenze des Euro zum Schweizer Franken bei 1,20 definierte.
Roche als einsame Spitze
Von den Einzeltiteln her stachen im positiven Sinn Roche hervor, welche dank einer sich gut entwickelnden Produktepipeline innerhalb des Jahres als einer von zwei Gewinnern unter den Bluechips rund 16% zulegen konnten. Mit einem Minus von je knapp 3% hielten sich auch Novartis und Nestlé klar besser als der Gesamtmarkt, während mit ABB ein weiteres Schwergewicht Abgaben von rund 16% verzeichnete. Bei den Genussscheinen von Roche muss man sich in Erinnerung rufen, dass diese im Jahr 2010 über 20% an Terrain eingebüsst hatten, während Novartis und Nestlé das Vorjahr deutlich besser gestalteten.
Noch besser als Roche schnitten einzig Synthes ab (+25%). Hier bewegte sich der Kurs nach dem Angebot des US-Konzerns Johnson & Johnson im April allerdings nicht mehr gross, mit Ausnahme eines Tauchers im Sommer. Der Kurs war gleichsam im Bereich des Angebotspreises von 159 CHF je Aktie «fixiert».
Logitech als Top-Looser
Am ärgsten waren die Verluste von Logitech (rund -60%), welche vom schlechten Geschäftsgang zurückgebunden wurden, was sich in zwei Gewinnwarnungen manifestierte. Im Vorjahr hatte sich das Papier noch seitwärts bewegt.
Auf Platz zwei der meistverkauften unter den grossen Aktien der Schweiz befinden sich Clariant (-48%). Diese hatten allerdings bereits 2009 zugelegt und sich 2010 gar um 55% verteuert.
Weitere Papiere mit einem Verlust von je rund 40% waren Transocean, Nobel Biocare und CS. Alle drei beendeten bereits das Jahr 2010 mit markanten Verlusten. Swiss Life, Actelion und Adecco büssten je gut ein Drittel an Wert ein.
Von den weiteren Finanzwerten verloren Bâloise und UBS je knapp 30%, Julius Bär und ZFS je rund 15%. Swiss Re (-6%) landeten in der Spitzengruppe. Der gesamte Finanzsektor war natürlich speziell betroffen, von den Problemen um die Schuldenkrise, von den tiefen Zinsen und von den Regulierungsbemühungen der Politik für den Sektor.
Richemont und Swatch, die beiden Überflieger der Vorjahre, waren mit Verlusten von je rund 15% im breiten Mittelfeld zu finden.
Petroplus in Finanznöten
Schaut man sich die Small- und Midcaps an, so fallen Mondobiotech (-91%) und Cytos (-85%) mit den massivsten Einbrüchen auf. Petroplus mussten zu Beginn der Altjahreswoche noch eine «Liquiditätswarnung» verschicken, und einräumen, dass der operative Betrieb wegen einer eingefrorenen Kreditlinie nur noch für wenige Tage gewährleistet ist. Die Aktie, zuvor schon um über 70% im Minus, baute den Jahresverlust auf rund 86% aus.
Über 70% lagen auch so unterschiedliche Aktien wie Orascom, Swissmetal oder ADB im Minus, über 60% verloren Evolva, Charles Vögele – trotz des ausgeweiteten Engagements der Migros – oder Temenos und Peach Property.
Schlecht fuhr der Investor auch mit Aktien grösserer Unternehmen wie Alpiq und Gategroup (je -55%), Bobst und Meyer Burger (je rund -50%), Schmolz+Bickenbach, Ascom oder auch Rieter (je gut -40%), Georg Fischer (-39%) und Sulzer (-30%).
Die Ausschläge der besten Titel im breiten Markt blieben etwas geringer, so kletterten Groupe Minoteries als Spitzenreiter um rund 59%. Burkhalter (+38%) und Crealogix (+29%) folgten auf den Plätze bereits mit einem klaren Abstand. Um je rund einen Viertel zogen Uster Technologie und EGL an, um je rund 20% Barry Callebaut, Publigroupe oder Bergbahnen Engelberg. (awp/mc/pg)