CH-Schluss: Corona-Crash geht weiter – SMI fällt fast 10%
Zürich – Am Schweizer Aktienmarkt ist es am Donnerstag zu weiteren panikartigen Verkäufen und entsprechend zu einem erneuten Crash gekommen. Der SMI als wichtigster Schweizer Aktienindex hat zwischendurch über 10 Prozent eingebüsst und die Marke von 9000 Punkten in rasantem Tempo unterschritten. Nach einem bereits schwachen Morgen ging es am Nachmittag verschärft nach unten, wobei es phasenweise kein Halten mehr gab. «Die Börsen sind ausser Rand und Band. Alle wollen nur noch verkaufen», hiess es denn auch im Handel.
Besonders schlecht aufgenommen wurde am Morgen die Ankündigung von US-Präsident Donald Trumps, ein Einreiseverbot für Menschen aus Europa zu verhängen. Aber auch das am Nachmittag von der Europäischen Zentralbank präsentierte Paket zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise kam am Markt gar nicht gut an. «So gut wie jede Reaktion von Notenbanken oder Regierungen scheint derzeit das Gegenteil zu bewirken», zeigte sich ein Händler resigniert. Das sei allerdings wenig überraschend, meinte ein anderer. Je mehr Reglementierungen verhängt würden, umso mehr machten sich Marktteilnehmer Sorgen über die bevorstehenden ökonomischen Auswirkungen. «Dass es zu keiner Rezession kommt, ist derzeit schon fast eine Minderheitsmeinung», sagte ein weiterer Händler.
Der SMI verlor zum Handelsschluss 9,64 Prozent auf 8’270,44 Zähler und fiel damit erstmals seit gut einem Jahr unter die Marke von 9’000 Zähler, das Tagestief lag mit 8169 gar noch 100 Punkte tiefer. Der SLI, der die 30 wichtigsten Werte umfasst, verlor derweil 10,55 Prozent auf 1’228,21 und der breite SPI 9,11 Prozent auf 10’144,29 Zähler.
Seit dem Allzeithoch bei 11’270 Punkten, welches vor genau drei Wochen markiert wurde, hat der SMI inzwischen rund 3’000 Punkte oder 27 Prozent eingebüsst. Die Bedingungen eines Bärenmarkts – ein Minus von 20 Prozent gegenüber dem Höchststand – sind damit laut Börsianern klar erfüllt.
Ein Indiz für die Panik an den Märkten war auch der Volatilitätsindex, der erneut zweistellig stieg und mit 50 Punkten mittlerweile einen Wert erreicht hat wie letztmals während der Finanzkrise.
Auf Wochensicht ergibt sich mit dem heutigen Kurssturz bereits wieder ein Minus von 15 Prozent, und im Vergleich zu Ende 2019 steht der SMI momentan 22 Prozent tiefer. Mittlerweile hat der SMI auch den Schlussstand des Jahres 2018, der bei 8’429 Zählern liegt, unterschritten. Das heisst mit anderen Worten: die ganzen Gewinne des letzten Jahres (SMI +26%) wurden in kürzester Zeit wegradiert.
Die Bandbreite der Einbussen bei den 30 Blue Chips reichte am Donnerstag von -3,6 bis -16,2 Prozent. 16 der 30 SLI-Titel gaben mehr als 10 Prozent nach.
Extrem unter Druck waren die meisten Finanzwerte. Angeführt wurde hier das Verliererfeld von der Credit Suisse, deren Titel um weitere 16 Prozent einbrachen und mittlerweile weniger als 7,50 Franken kosten. Nur wenig besser hielten sich UBS (-13,2%) und Julius Bär (-12,0%). Die Banken könnten bei einer massiven Rezession wegen ihrer extensiven Kreditvergabe an Unternehmen in die Bredouille geraten, lautet ein Argument für die massiven Abgaben.
Besonders unter die Räder gerieten aber auch Versicherer wie Swiss Re (-15,6%), Swiss Life (-14,8%) und Zurich (-13,8%). Bei den letzteren beiden dürften vor allem auch die hohen Gewinne in den letzten Monat vor dem Absturz ein Grund für die Abgaben sein. Da könne manch einer wohl noch einige Gewinne mitnehmen, sagte ein Händler.
Vifor Pharma (-16,2%) waren nach der Zahlenvorlage gar der grösste Verlierer bei den SLI-Werten. Beim Unternehmen kündigt sich mit dem Abgang von Firmenurgestein Etienne Jornod das Ende einer Ära an. Generell besser hielten sich wie meist in solchen Phasen defensive Titel wie etwa Nestlé (-6,2%, bester SMI-Wert), Swisscom (-7,5%) oder Roche (-7,6%). Bester SLI-Titel waren Schindler PS (-3,6%).
Am breiten Markt kam es ebenfalls zu einigen massiven Abstürzen. Vor allem die Papiere des Reisedetailhändlers Dufry wurden wie heisse Kartoffeln weitergereicht. Sie verloren – am Tag der Zahlenbekanntgabe notabene – sagenhafte 41 Prozent. Aber für Titel wie Obseva (-30%), Meyer Burger (-26%) oder Aryzta (-23%) gab es kein Halten mehr. (awp/mc/pg)