New York – Die Wall Street hat nach ihrem jüngsten Höhenflug am Donnerstag keine gemeinsame Richtung gefunden. Die Standardwerte setzten ihre Rally fort, die bereits vor Donald Trumps Überraschungssieg bei den US-Präsidentschaftswahlen eingesetzt hatte und dem Leitindex Dow Jones Industrial Bestmarken bescherte. Dagegen rutschte die Technologiebörse Nasdaq ins Minus.
Erstmals in seiner langen Geschichte schaffte es der Dow Jones über 18 800 Punkte. Nach dem Rekordstand bei 18 873,66 Punkten schloss er 1,17 Prozent im Plus bei 18 807,88 Punkten, was ebenfalls so hoch war wie nie zuvor. Für den marktbreiten S&P-500-Index ging es letztlich immerhin um 0,20 Prozent auf 2167,48 Punkte hoch. Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 büsste hingegen 1,62 Prozent auf 4747,03 Zähler ein. Ihn belasteten Kursabschläge bei den schwer gewichteten sogenannten FANG-Aktien wie der Google-Mutter Alphabet, Amazon und Facebook.
Offenbar setzten die Anleger weiter darauf, dass der Republikaner Trump die Wirtschaft mithilfe klassischer Konjunkturpakete und einer unternehmensfreundlichen Steuerpolitik ankurbelt. Davon dürften klassische Industriebranchen stärker profitieren als Technologieunternehmen, deren Bewertungen am Aktienmarkt vielfach schon recht hoch sind.
Die Wall-Street-Gewinner des Vortags gehörten auch am Donnerstag zu den Favoriten der Investoren. So belegten die Bankentitel Goldman Sachs und JPMorgan mit Kursaufschlägen von jeweils über vier Prozent erneut vordere Plätze im Dow Jones. Banken dürften von der Aussicht auf ein Anziehen der Konjunktur gleich doppelt profitieren: So würden ihnen vermehrt Aufträge zur Finanzierung von Investitionsvorhaben winken, zudem könnten die Zinsen in einem wirtschaftlich aufgehellten Umfeld wieder anziehen.
Bereits seit langem leiden die Finanzinstitute unter den Niedrigzinsen, die ihre Ertragschancen schmälern. Die US-Notenbank könnte bereit im Dezember den Leitzins ein weiteres Mal anheben und damit den Finanzwerten einen weiteren Schub verleihen.
Auch in der Pharmabranche hielt das Kaufinteresse an: Pfizer und Merck & Co gewannen mehr als vier beziehungsweise über ein Prozent. Anleger hoffen, dass Trump – anders als bei einem Sieg der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton befürchtet – die Medikamentenpreise nicht wesentlich begrenzen wird.
Einige Nachzügler der auslaufenden Berichtssaison standen mit aktuellen Zahlen im Fokus. Beim Einzelhandelsunternehmen Kohl’s konnten sich die Aktionäre dank eines überraschend grossen Quartalsgewinns über einen Kurssprung von knapp zwölf Prozent freuen. Die Papiere des Konkurrenten Macy’s schafften trotz einer enttäuschenden Geschäftsentwicklung ein Plus von 5,60 Prozent. SodaStream-Titel schnellten um über 16 Prozent hoch, nachdem der Hersteller von Trinkwassersprudlern mit seiner jüngsten Geschäftsentwicklung überzeugt hatte.
Einen Rückschlag mussten die gebeutelten Aktionäre des Kurznachrichtendienstes Twitter hinnehmen: Mit dem für das operative Geschäft zuständigen Vorstandsmitglied Adam Bain verlässt erneut ein Spitzenmanager das Unternehmen. Die Anteilscheine fielen um fast vier Prozent.
Der Eurokurs bewegte sich nach der Berg- und Talfahrt vom Vortag kaum von der Stelle, die Gemeinschaftswährung kostete zuletzt 1,0887 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,0895 (Mittwoch: 1,1022) Dollar festgesetzt. Am Markt für US-Staatsanleihen sanken richtungweisende Papiere mit zehnjähriger Laufzeit um weitere 25/32 Punkte auf 98 24/32 Punkte, was die Rendite auf 2,14 Prozent hochtrieb. (awp/mc/pg)