US-Schluss: Zinsfantasie treibt Dow & Co auf Rekordstände
New York – Das tagelange Warten auf den Auftritt des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell vor Abgeordneten des Repräsentantenhauses hat sich gelohnt: Nach den Aussagen des obersten Währungshüters zu Wirtschaft und Inflation erklommen die US-Börsen am Mittwoch bereits im frühen Handel Höchststände. Anschliessend gaben sie einen Teil dieser Gewinne wieder ab.
Powell liess die Tür für eine baldige Leitzinssenkung weit offen. «Die Unsicherheit um Handelskonflikte und Sorgen um die Weltwirtschaft lasteten zuletzt auf dem Ausblick für die US-Wirtschaft», sagte er laut einem vorab veröffentlichten Redemanuskript. «Der Inflationsdruck bleibt verhalten.»
Das befeuerte die Erwartung, dass die Notenbank die geldpolitischen Zügel wieder lockert. Niedrige Zinsen entlasten Unternehmen bei kreditfinanzierten Ausgaben. Auch schieben viele US-Unternehmen hohe Schulden vor sich her, deren Finanzierung bei niedrigen Zinsen günstiger ist. Zudem gewinnen Aktien im Vergleich zu Anleihen an Attraktivität.
In der Folge erreichten der Dow Jones Industrial , der marktbreite S&P 500 und der technologielastige Nasdaq 100 vorübergehend Rekordmarken. Der Dow rückte am Ende noch um 0,29 Prozent auf 26 860,20 Punkte vor. Der S&P 500 stieg um 0,45 Prozent auf 2993,07 Zähler und liess vorübergehend erstmals die 3000er Marke hinter sich. Der Nasdaq 100 legte um 0,98 Prozent auf 7903,40 Punkte zu. Hier rückt nun die 8000er Marke immer mehr ins Visier.
Börsianer hatten sich klärende Worte von Powell gewünscht. Denn zuletzt hatte ein überraschend starker Arbeitsmarktbericht für den Juni am Markt die Befürchtung geweckt, die Fed könne den Hoffnungen der Anleger auf niedrigere Zinsen wieder einen Dämpfer verpassen. Danach sieht es nach dem Statement der Fed und den Aussagen Powells nun aber nicht aus.
Unter den Einzelwerten standen die Aktien von Levi Strauss (Levi’s) im Fokus. Für den traditionsreichen Jeans-Hersteller war es im zweiten Quartal nicht so gelaufen wie erwartet. Hohe Kosten für den Börsengang liessen den Gewinn im Jahresvergleich überraschend einbrechen. Der Umsatz enttäuschte ebenfalls. Die Papiere sackten um 12 Prozent ab. Analystin Alexandra Walvis von Goldman Sachs monierte zudem zurückhaltende Prognosen für den Grosshandel im Heimatmarkt.
T-Mobile stiegen um 4,6 Prozent. Die Aktien der Tochter der Deutschen Telekom werden in den S&P 500 aufgenommen und ersetzen dort die Papiere des Software-Entwicklers Red Hat (unverändert). Damit dürfte die T-Mobile-Aktie noch stärker als bisher in den Fokus von Investoren rücken.
Auf den Kauflisten ganz oben standen Halbleiterwerte. Hier sorgten überraschend gute Quartalsumsätze des taiwanischen Branchenriesen TSMC für Rückenwind. Die Kursgewinne von US-Herstellern wie Applied Materials, Western Digital, Micron Technology und Nvidia reichten von 1,7 bis 5 Prozent. Händler verwiesen ferner darauf, dass sich die USA und China im Handelsstreit auf eine Lösung für den Technologiekonzern Huawei einigen könnten. Die Unklarheit darüber, ob US-Chiphersteller Huawei mit Komponenten beliefern dürfen, hatte die Kurse in der Branche zuvor weltweit belastet.
Die Anteilscheine von Comcast gewannen 1,9 Prozent. Goldman Sachs hatte die Papiere des Kabelbetreibers zum Kauf empfohlen und zudem auf eine Auswahlliste gesetzt. Analyst Brett Feldman verwies auf die solide Geschäftsentwicklung, die finanzielle Flexibilität des Unternehmens und auf die attraktive Bewertung der Aktien.
Der Eurokurs stieg nach den Aussagen des Fed-Vorsitzenden und lag zuletzt bei 1,1253 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1220 (Dienstag: 1,1205) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8913 (0,8925) Euro gekostet. Am Bondmarkt tendierten die Kurse uneinheitlich, richtungweisende zehnjährige US-Staatsanleihen stiegen um 1/32 Punkt auf 102 25/32 Punkte. Sie rentierten mit 2,06 Prozent. (awp/mc/ps)