New York – Die Hoffnungen auf einen «Deal» zwischen den USA und China haben den US-Börsen am Donnerstag erneut Auftrieb verliehen. Der Dow Jones Industrial stieg den siebten Handelstag in Folge, ein neues Rekordhoch blieb ihm aber noch versagt. Nicht einmal 100 Punkte fehlten dem Dow im Tageshoch zu einem neuen historischen Höchststand. Im späten Handel bröckelten die Kurse wieder etwas ab und der Dow schloss 0,17 Prozent höher bei 27 182,45 Zählern.
Hochrangige Berater von Trump denken über einen übergangsweisen Deal im Handelsstreit mit China nach. Das berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag mit Bezug auf mehrere informierte Personen. Die Überlegungen sähen vor, neue Strafzölle auf chinesische Waren zeitlich zu verschieben oder rückgängig zu machen, wenn China im Gegenzug zu Zugeständnissen bereit ist.
Die Aussicht auf eine Entspannung im Handelskrieg zog erneut Käufer an. Der marktbreite S&P 500 legte um 0,29 Prozent auf 3009,57 Punkte zu, während es für den technologielastigen Nasdaq 100 um 0,38 Prozent auf 7917,34 Zähler aufwärts ging.
Die Europäischen Zentralbank (EZB) zog derweil am Donnerstag alle Register und erfüllte die hohen Erwartungen der Märkte. Vor allem stemmen sich Europas Währungshüter mit weiteren Anleihenkäufen gegen die Konjunkturschwäche. Das und die Erwartung einer Entspannung im US-chinesischen Handelskonflikt hatten auch Europas Börsen angetrieben.
In der kommenden Woche tagt die US-Notenbank Fed, auch dort stehen die Signale auf Zinssenkungen. «Es gibt noch immer Grund für Optimismus, zumindest für die Aktienmärkte», sagte Analystin Allison Nathan von der Investmentbank Goldman Sachs. Die Fed werde den Leitzinssatz in der kommenden Woche um 25 Basispunkte senken – und im Oktober um weitere 25 Basispunkte. Jüngst schwächere Konjunkturdaten aus den USA wertete Allison aus Aktiensicht als «Kaufgelegenheit».
Unter den Einzelwerten verloren Oracle gegen die freundliche Börsentendenz gut vier Prozent. Der Softwarehersteller hatte am Vorabend nach Börsenschluss Quartalszahlen vorgelegt und mit seinem Umsatz die Markterwartungen enttäuscht. Dem SAP-Konkurrenten machte unter anderem der starke Dollar zu schaffen, der Einnahmen im Ausland nach der Umrechnung in US-Dollar schmälert. Zudem kündigte Oracle-Chef Mark Hurd überraschend eine Auszeit an – aus gesundheitlichen Gründen, wie es hiess. Seine Aufgaben sollen zunächst von Oracle-Gründer und Tech-Vorstand Larry Ellison sowie von der Co-Konzernchefin Safra Catz übernommen werden.
Von einer Milliardenzahlung für den Internet-Giganten Google zeigten sich Anleger unbeeindruckt. Die Papiere der Holdinggesellschaft Alphabet verteuerten sich um 1,2 Prozent. Google hat sich auf eine Zahlung von fast einer Milliarde Euro in Frankreich geeinigt, um jahrelange Steuerermittlungen zu beenden.
Grösster Verlierer im Dow waren die Papiere des Pharma- und Grosshandelskonzerns Walgreens Boots Alliance . Die Deutsche Bank hatte die Bewertung der Aktien mit dem Votum «Verkaufen» aufgenommen. Der Kurs fiel um 4,3 Prozent.
Im Blick stand ausserdem der Chiphersteller Broadcom mit Quartalszahlen. Vor deren Veröffentlichung legte der Aktienkurs um knapp ein Prozent zu. Nach einer niedrigeren Umsatzprognose des Unternehmens für das Geschäftsjahr im Juni dürfte Broadcom Analysten zufolge am vorsichtigen Ausblick festhalten.
Kursverluste unmittelbar nach dem Massnahmenpaket der EZB holte der Euro anschliessend mehr als auf. Im späten US-Devisengeschäft kostete die Gemeinschaftswährung 1,1064 US-Dollar, nachdem sie im Tagestief bis auf 1,0927 gefallen war. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,0963 (Mittwoch: 1,1003) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9122 (0,9088) Euro.
US-Staatsanleihen drehten nach Anfangsgewinne angesichts der Kursrally an den Aktienbörsen wieder in negatives Terrain. Richtungsweisende zehnjährige Anleihen fielen um 11/32 Punkte auf 98 19/32 Punkte. Sie rentierten mit 1,78 Prozent. (awp/mc/pg)