New York – Der Dow Jones Industrial ist am Freitag kurz vor Börsenschluss erstmals über die Marke von 37’300 Punkten gesprungen. Der Schritt war zwar nur klein, dennoch gelang es dem bekanntesten Wall-Street-Index dadurch, seinen am Mittwoch gestarteten Rekordlauf fortzusetzen. Die Stimmung der Anleger blieb jedoch verhalten, nachdem der Präsident der New Yorker Notenbank, John Williams, im Fernsehen die Erwartungen an deutliche Zinssenkungen in den USA im kommenden Jahr dämpfte. Zudem gingen von den Konjunkturdaten gemischte Signale aus, was die Hoffnung auf Zinssenkungen angeht.
Mit einem Plus von 0,15 Prozent auf 37’305,16 Zähler ging der Dow aus dem Tag. Im Wochenverlauf bedeutet dies ein Plus von knapp drei Prozent. Seit seinem Zwischentief im Oktober summiert sich sein Gewinn auf inzwischen gut 15 Prozent. Der marktbreite S&P 500 schloss am Freitag fast unverändert mit minus 0,01 Prozent auf 4719,19 Punkte. Der überwiegend mit Technologiewerten bestückte Nasdaq 100 gewann indes 0,52 Prozent auf 16’623,45 Zähler. Sein Wochenplus beträgt damit fast dreieinhalb Prozent. Sein Rekordhoch hat er allerdings noch nicht ganz erreicht. Es fehlen aber inzwischen weniger als 150 Punkte.
Am Donnerstag hätten die Märkte zu einem bestimmten Zeitpunkt für 2024 Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed um etwa 1,6 Prozentpunkte eingepreist und einen ersten Zinsschritt im März erwartet, erklärte Stephen Innes, Managing Partner bei SPI Asset Management. Dies habe Kritik nach sich gezogen, dass Fed-Chef Jerome Powell versagt habe, «als Gegenkraft zu dem zu agieren, was manche als exzessive Rally wahrnehmen». Der Auftritt des einflussreichen Williams im US-Wirtschaftsfernsehen beim Sender CNBC schien laut Innes daher darauf abzuzielen, die Kontrolle über die Markterwartungen zurückzugewinnen.
Die Fortsetzung der fulminaten Börsenrally war zur Wochenmitte durch Signale der Fed ausgelöst worden, da deren neue Prognosen für 2024 drei Zinssenkungen über insgesamt 0,75 Prozentpunkte nahelegen. Dabei hatte Powell angedeutet, dass der geldpolitische Ausschuss FOMC allmählich beginne, sich über Zinssenkungen Gedanken zu machen. Williams sagte an diesem Freitag nun dem Nachrichtensender CNBC, dass es «verfrüht» sei, über Zinssenkungen im März nachzudenken.
Die Konjunkturdaten aus der Industrie sandten zudem keine einheitlichen Signale aus. Der Empire-State-Index, ein Stimmungsbarometer für das Verarbeitende Gewerbe im US-Bundesstaat New York, trübte sich im Dezember überraschend stark ein. Es liegt jetzt wieder unter der Nulllinie und indiziert somit einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität. Dagegen stieg die Industrieproduktion im November wieder leicht, «begünstigt durch das Ende des Streiks in der Automobilbranche», wie die Experten der Helaba sagten.
Unter den Einzelwerten gewannen Intel-Aktien 2,2 Prozent und zählten zu den Favoriten im Leitindex Dow. Sie profitierten weiterhin von Aussagen des grössten Herstellers von PC-Prozessoren zu KI-Chips auf der «NeurIPS 2023» in New Orleans. Diese Veranstaltung läuft noch bis Samstag und ist ein Forum für Entwickler, Forscher und Fachleute mit Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz (KI) und Computer-Vision.
Die Grosshandelskette CostCo meldete zum vierten Mal in Folge überraschend starke Quartalsergebnisse und will eine Sonderdividende ausgeschütten. Die Aktie setzte sich im S&P 100 mit plus 4,4 Prozent an die Spitze.
Um 12,5 Prozent sprangen die Anteile von DocuSign hoch, denn das E-Signaturunternehmen sondiert laut dem «Wall Street Journal» einen Verkauf. Die Gesprächen seien aber noch in einem sehr frühen Stadium, zitiert die Wirtschaftszeitung informierte Personen. DocuSign, mit seinem Börsenwert von mehr als 11 Milliarden US-Dollar, könnte das Interesse von Private-Equity-Firmen und Technologieunternehmen wecken, hiess es.
Stimulierungsmassnahmen der chinesischen Zentralbank beflügelten die chinesischen Online-Handelsplattformen JD.com und Alibaba. JD.com gewannen 4,5 Prozent und Alibaba 2,8 Prozent. Die People’s Bank of China bot kommerziellen Kreditgebern eine rekordverdächtige Geldspritze in das Bankensystem durch einjährige Kredite.
Der Euro pendelte um die Marke von 1,09 Dollar und kostete zum Börsenschluss an der Wall Street 1,0901 Dollar. Am Morgen hatte er noch knapp über 1,10 Dollar notiert. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag in Frankfurt auf 1,0946 (Donnerstag: 1,0919) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9135 (0,9158) Euro. Am US-Rentenmarkt zeigte sich der Terminkontrakt für zehnjährige Staatsanleihen (T-Note-Future) zuletzt unverändert bei 112,52 Punkten. Die Rendite für zehnjährige Anleihen betrug 3,91 Prozent. (awp/mc/ps)