New York – Fed-Mitglied Neel Kashkari hat am Donnerstag die vor dem wichtigen Arbeitsmarktbericht ohnehin nervösen Anleger mit Zins-Aussagen geschockt. Nach seiner Einschätzung könnte möglicherweise in diesem Jahr gar keine Zinssenkung nötig sein. Dies gelte für den Fall, dass der Fortschritt bei der Inflationssenkung ins Stocken gerate, sagte der regionale Notenbankpräsident von Minneapolis.
Die am Donnerstag zunächst freundlich tendierenden Aktien-Indizes gingen daraufhin auf Tauchstation. Die Aussagen wirkten wie eine kalte Dusche für die Anleger, deren Hoffnung letztlich auf Zinssenkungen in diesem Jahr geruht hatte. Allein in den letzten zwei Handelsstunden verlor der Leitindex Dow Jones Industrial fast 600 Punkte und schloss beim Stand von 38’596,98 Zählern mit einem Minus von 1,35 Prozent.
Beim von Technologiewerten bestimmten Nasdaq 100 sah es nicht besser aus, er büsste 1,55 Prozent auf 17’878,78 Punkte ein. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 1,23 Prozent auf 5147,21 Punkte nach unten. Von ihren Rekordhöhen, die zuvor noch in Reichweite gewesen waren, haben sich die Indizes nun etwas weiter entfernt.
Die Preisentwicklung im Januar und Februar sei «etwas beunruhigend» gewesen, sagte Kashkari. Er müsse mehr Fortschritte bei der Inflation sehen, um Vertrauen zu haben, dass sich die Entwicklung dem Ziel der US-Notenbank von zwei Prozent nähere. Dann erst könne man mit Zinssenkungen beginnen.
Die Erwartungen an diese hatten sich am Markt zuletzt bereits weiter nach hinten verschoben. Gar keine Zinssenkung, wie von Kashkari nun ins Spiel gebracht, hatten die Investoren bislang aber nicht auf der Rechnung. Der am Freitag anstehende monatliche US-Arbeitsmarkt sorgt nun für Spannung. Für die Geldpolitik der Notenbank Fed ist er wichtig, weil er sich – etwa über die Lohnentwicklung – auf die Entwicklung der Inflation auswirken kann. Von der Inflationsentwicklung hängt wiederum der Zeitpunkt einer ersten US-Leitzinssenkung ab.
Im Dow rutschten am Donnerstag die Titel des Software-Konzerns Salesforce mit minus 3,5 Prozent auf den letzten Platz. Chevron profitierten mit plus 0,2 Prozent als bester Wert im Dow von steigenden Ölpreisen bei zunehmenden geopolitischen Spannungen.
Die Aktien des Jeans-Herstellers Levi Strauss sprangen um 12,4 Prozent nach oben, nachdem das Unternehmen die Prognosen angehoben hatte. Dabei profitiert der Traditionskonzern auch von Kostensenkungen.
Übernahmespekulationen trieben die Papiere der Software-Plattform Hubspot um fünf Prozent in die Höhe. Interessent soll der Internet-Riese Alphabet sein, dessen Aktien um 2,8 Prozent nachgaben. Von der kanadischen Bank RBC hiess es, strategisch sei die Transaktion für Alphabet sinnvoll, allerdings sei sie angesichts kartellrechtlicher Bedenken wohl unwahrscheinlich.
Tesla gewannen 1,6 Prozent. Pläne für eine Produktion in Indien erwiesen sich als Treiber, nachdem die Papiere des E-Fahrzeugherstellers in dieser Woche zunächst unter enttäuschenden Auslieferungszahlen gelitten hatten.
Die Analysten der Bank Goldman Sachs stuften die Aktien des Autovermieters Hertz auf «Verkaufen» ab. Sie halten sie angesichts gesunkener Erwartungen für die Vermietpreise für zu hoch bewertet. Für die Papiere des Hertz-Wettbewerbers Avis Budget drehten die Experten hingegen das Votum von «Verkaufen» auf «Neutral» nach oben. Die Hertz-Aktien büssten fünf Prozent ein, Avis drehten nach deutlichem Zuwachs ebenfalls ins Minus mit 0,7 Prozent.
Der Euro gab im New Yorker Handel seine Gewinne ab. Nach dem Wall-Street-Schluss wurden 1,0837 US-Dollar für die Gemeinschaftswährung bezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,0852 (Mittwoch: 1,0783) Dollar festgesetzt, der Dollar damit 0,9214 (0,9273) Euro gekostet.
Am Rentenmarkt legten die Kurse zu. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) stieg um 0,33 Prozent auf 110,13 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere fiel auf 4,31 Prozent. (awp/mc/pg)