US-Schluss: Kalte Dusche für KI-Euphorie – Nasdaq sackt ab
New York – Sorgen wegen hoher Bewertungen haben der US-Tech-Branche am Montag eine kalte Dusche verpasst. Ausgelöst wurden sie von einer Debatte um das chinesische KI-Start-up DeepSeek. Dessen neuestes KI-Modell soll kosteneffizient sein und womöglich mit weniger starken Chips für Künstliche Intelligenz auskommen als die grossen Modelle der etablierten Anbieter.
Darunter litt vor allem die mit Technologietiteln gespickte Nasdaq-Börse. Ihr Auswahlindex Nasdaq 100, der schon vor dem Wochenende dem vorangegangenen Anstieg etwas Tribut gezollt hatte, sackte letztlich um 2,97 Prozent auf 21.127,28 Punkte ab. Er war im vergangenen Jahr dank der KI-Fantasie stärker gestiegen als die anderen Indizes.
Diese hatten zuletzt ebenfalls etwas geschwächelt, hielten sich am Montag aber besser: Der Leitindex Dow Jones Industrial drehte sogar ins Plus und schloss 0,65 Prozent fester mit 44.713,58 Punkten. Dagegen büsste der marktbreite S&P 500 1,46 Prozent auf 6.012,28 Zähler ein. Er hatte am Freitag zunächst noch seine Rekordjagd fortgesetzt, war dann aber auch ein wenig unter Druck geraten.
Wie gross die Unsicherheit unter Anlegern ist, zeigte sich auch an den Schwankungsbarometern der Aktienbörsen, den Volatilitätsindizes. Der für die US-Märkte relevante Vix zog von einem vergleichsweise niedrigen Niveau aus kräftig an, kam dann aber wieder ein gutes Stück weit zurück.
In den App-Store-Downloads von Apple ist die KI-Software von DeepSeek, die erst vorige Woche auf den Markt kam, bereits an die Spitze gelangt. Experten wollen die jüngsten Entwicklungen zwar nicht überbewerten, denn bahnbrechend Neues habe DeepSeek nicht geliefert. Gleichwohl könnte die Debatte eine Konsolidierung der teils hohen Bewertungen im Tech-Bereich auslösen, so ein Börsianer.
Unter diesen Nachrichten litten vor allem die Aktien des KI-Vorzeigeunternehmens Nvidia sowie anderer KI-Chip-Hersteller. Nvidia und Broadcom zählten mit Kursabschlägen von jeweils um die 17 Prozent zu den grössten Verlierern im Nasdaq 100. Der bei Nvidia damit verbundene Marktkapitalisierungs-Verlust von 589 Milliarden US-Dollar war der höchste in der US-Börsen-Geschichte.
Andere Branchenvertreter wie Marvell Technology und Micron Technology erlitten ebenfalls klare Einbussen. Ähnliches galt für die in New York gelisteten Anteilscheine von Chipausrüstern wie Arm Holdings, ASML und Applied Materials.
Heftig unter Druck gerieten aber auch Energietitel. So brachen Constellation Energy als Schlusslicht im Nasdaq 100 um knapp 21 Prozent ein. DeepSeek habe mit seinem KI-Modell das Vertrauen in das gesamte Tech- und KI-Ökosystem erschüttert, da seine Energie- und Kapitaleffizienz die Prognosen für eine erhebliche Elektrizitätsnachfrage in den Vereinigten Staaten infrage stellten, kommentierte Julien Dumoulin-Smith vom US-Analysehaus Jefferies. In den meisten Projektionen stehe KI für rund drei Viertel der gesamten US-Nachfrage in den Jahren 2030 bis 2035.
Die Aktien der Kryptowährungs-Handelsplattform Coinbase wurden am Montag davon in Mitleidenschaft gezogen, dass der Bitcoin zeitweise erstmals seit einer Woche wieder unter die 100.000-Dollar-Marke rutschte: Sie verloren 6,7 Prozent.
Dagegen schaffte AT&T nach Quartalszahlen ein Kursplus von 6,3 Prozent. Der Telekomkonzern hatte mit Sonderangeboten und Bündelpaketen zum Jahresende deutlich mehr Kunden für sich gewonnen als erwartet. Der Umsatz im vierten Quartal stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar nur um ein Prozent. Unter dem Strich verdiente AT&T mit knapp 4,1 Milliarden Dollar aber fast doppelt so viel.
Der Euro zeigte sich vor den Zinsentscheiden der US-Notenbank Fed sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch und Donnerstag wenig bewegt. Das besser als erwartet ausgefallene deutsche Ifo-Geschäftsklima half der Gemeinschaftswährung nur vorübergehend. In New York kostete sie zuletzt 1,0490 US-Dollar und damit ähnlich viel wie vor den Ifo-Daten. Die EZB hatte den Referenzkurs auf 1,0530 (Freitag: 1,0472) Dollar festgesetzt und der Dollar damit 0,9496 (0,9549) Euro gekostet.
US-Staatsanleihen legten zu. Der Terminkontrakt für zehnjährige Papiere (T-Note-Future) stieg um 0,62 Prozent auf 109,14 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Anleihen sank im Gegenzug auf 4,53 Prozent. (awp/mc/ps)