New York – Der zähe Streit um die Schuldenobergrenze der öffentlichen Haushalte in den Vereinigten Staaten hat dem US-Aktienmarkt am Mittwoch weitere Verluste eingebrockt. Die Unsicherheit, ob in den kommenden Tagen eine drohende Schliessung vieler Behörden abgewendet werden kann, habe den Markt belastet, sagten Händler. Der Dow Jones Industrial verlor 0,40 Prozent auf 15.273,26 Punkte. Der S&P-500-Index fiel um 0,27 Prozent auf 1.692,77 Punkte. Die beiden Indizes haben damit bereits den fünften Tag in Folge an Boden verloren. Nach den erreichten Rekordmarken der vergangenen Wochen sehen Marktexperten darin jedoch auch eine Korrektur. Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 sank um 0,31 Prozent auf 3.208,55 Punkte – für ihn war es der vierte Tag mit negativen Vorzeichen.
US-Präsident Barack Obama will den Forderungen der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus bislang nicht nachgeben. Die Republikaner machen ihre Zustimmung zum Haushalt von massiven Kürzungen im US-Gesundheitssystem abhängig. Sollte es bis Anfang nächster Woche keine Einigung über den Etat geben, geht der Regierung zum 1. Oktober das Geld aus. Die Risikoscheu bei den Anlegern sei im Zuge des Streits zurück, sagte ein Marktstratege in London. Die Ratingagentur Moody’s bleibt indes laut Analyst Tobias Basse von der NordLB sehr gelassen und dürfte selbst im Falle eines «Government-Shutdowns» von einer Abstufung der US-Kreditwürdigkeit absehen.
Zudem machten Nachrichten von der Verbraucherseite Sorgen. Wal-Mart Stores streicht einem Medienbericht zufolge seine Bestellungen bei Lieferanten zusammen. Damit reagiere der weltgrösste Einzelhändler auf die Flaute bei den Umsätzen der jüngsten Zeit, hiess es. Die Aktien verloren 1,45 Prozent. Mit nach unten gezogen wurden die Hersteller der Produkte, die bei Wal-Mart in den Regalen stehen: Der Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson gab 1,29 Prozent ab, Procter & Gamble 1,14 Prozent.
Blackberry gerieten nach einem negativen Analystenkommentar deutlich unter Druck und verloren 6,21 Prozent auf 8,01 US-Dollar. Pierre Ferragu vom Analysehaus Bernstein hatte in einer aktuellen Studie einen erfolgreichen Kauf durch den Finanzinvestor Fairfax als unwahrscheinlich bezeichnet. Fairfax – bislang schon Grossaktionär bei den Kanadiern mit einem Anteil von rund 10 Prozent – hatte für die restlichen Anteile 9 Dollar geboten. Die Finanzierung über 1 Milliarde Dollar aus neuen Aktien und 3 Milliarden Dollar durch Bankkredite erscheine ihm unrealistisch, schrieb Ferragu.
JPMorgan Chase gewannen an der Dow-Spitze 2,74 Prozent – obwohl dem Geldinstitut Zahlungen in Milliardenhöhe ins Haus stehen. Die Bank wird wohl tief in die Tasche greifen, um die laufenden Ermittlungen der US-Behörden in einer ganzen Reihe von Fällen abzukürzen. Nach Informationen des «Wall Street Journal» bietet die New Yorker Bank rund 3 Milliarden Dollar in Vergleichsverhandlungen mit dem Justizministerium. Das Ministerium verlange aber Milliarden mehr, schrieb die Zeitung auf ihrer Internetseite unter Berufung auf eine eingeweihte Person.
Aktien der kriselnden Kaufhauskette J.C. Penney stürzten um 14,96 Prozent ab – der Kurs fiel zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit Ende 2000. Der Konzern hatte im vergangenen Geschäftsjahr die schwächsten Umsätze seit über zwei Jahrzehnten eingefahren. Danach gab es Streit um eine neue Führung. Nun sahen Experten eines Analysehauses auch für das dritte und vierte Quartal im laufenden Jahr Umsatzprobleme. Laut Insidern ist das Management derzeit zudem in Gesprächen über eine weitere Kapitalerhöhung. In diesem Jahr hat der Konzern bereits mehr als 3 Milliarden Dollar neues Kapital aufgesogen.
Die grösste chinesische Online-Handelsplattform Alibaba will Medien zufolge ihren geplanten Börsengang von Hongkong in die USA verlegen. Die Gespräche mit der Börse in Hongkong seien beendet worden, hiess es. Jetzt werde eine Aktienplatzierung in New York favorisiert. Alibaba dürfte mit einem Marktwert von geschätzten 70 bis 120 Milliarden Dollar als Schwergewicht an der Börse starten. Aktien vom US-Marktführer Ebay verloren 1,72 Prozent.
Carnival-Aktien standen nach ihrem starken Kursverlust vom Vortag weiter unter Druck und verloren 5,33 Prozent. Die weltgrösste Kreuzfahrt-Reederei hatte eine unerwartet schlechte Prognose für das laufende Quartal abgegeben. Nun verwiesen Händler auf zahlreiche Abstufungen durch Analysten in Reaktion auf die jüngste Warnung vor einem möglichem Quartalsverlust. (awp/mc/upd/ps)