US-Schluss: Neue Bankenturbulenzen verunsichern Anleger
New York – Die Schieflagen und Kurseinbrüche im US-Bankensektor reissen nicht ab und haben am Donnerstag den Anlegern den Appetit auf Aktien verhagelt. Zweistellige Kursstürze gleich mehrerer Regionalbanken sorgten dafür, dass der US-Leitindex Dow Jones Industrial seine jüngste Schwäche fortsetzte. Der Index verlor 0,86 Prozent auf 33 127,74 Punkte und fiel auf den tiefsten Stand seit Ende März. In den ersten vier Maitagen hat der Dow knapp drei Prozent eingebüsst. Am Vortag hatte eine neuerliche Zinserhöhung der US-Notenbank Fed die US-Börsen belastet.
Der marktbreite S&P 500 gab um 0,72 Prozent auf 4061,22 Zähler nach. Der Nasdaq 100 hielt sich mit einem Minus von 0,37 Prozent auf 12 982,48 Punkte etwas besser, weil in dem technologielastigen Börsenbarometer die Banken keine grosse Rolle spielen.
Die Papiere der Bank Western Alliance brachen um fast 40 Prozent ein. Einem Bericht der «Financial Times» zufolge erwägt die Bank mit Sitz in Phoenix (Arizona) einen Verkauf von Teilen ihres Geschäfts oder gar einen Komplettverkauf. Die Bank dementierte den Bericht mittlerweile, die dort getroffenen Aussagen seien «absolut falsch».
Die Bank Pacwest mit Sitz in Los Angeles erwägt informierten Kreisen zufolge ebenfalls strategische Optionen, inklusive einer Aufspaltung oder Kapitalerhöhung, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Der Kurs sackte daraufhin um mehr als 50 Prozent auf ein Rekordtief ab.
Die Aktien von First Horizon stürzten um ein Drittel ab, nachdem das Geldhaus und die kanadische Toronto Dominion Bank gemeinsam die geplante mehr als 13 Milliarden Dollar schwere Fusion abgeblasen hatten. Die in New York gelisteten Aktien der Toronto Dominion Bank legten dagegen leicht zu.
«Die akute Phase der Turbulenzen im Bankensektor scheint noch nicht vorbei zu sein und das müssen die Politiker unbedingt begreifen», warnte Krishna Guha vom Analysehaus Evercore ISI. Das Problem der betroffenen Institute sei, dass die Möglichkeiten einer Rettung begrenzt seien.
In dem schwer angezählten Bankensektor konnten sich auch die Papiere grosser Institute dem Abwärtssog nicht entziehen. Goldman Sachs , Wells Fargo , Bank of America und Morgan Stanley verloren überdurchschnittlich – und belasteten die grossen Börsenindizes.
Angesichts eines enttäuschenden Umsatzausblicks auf das laufende Quartal büssten die Aktien von Qualcomm gut fünf Prozent ein. Für das vergangene Quartal berichtete der Chipkonzern zudem deutlich rückläufige Erlöse und einen noch stärker gesunkenen Gewinn.
Die geplante Übernahme des Metallverarbeiters Arconic durch die Beteiligungsgesellschaft Apollo Global Management liess die Arconic-Aktien um fast 30 Prozent auf knapp 29 Dollar nach oben schiessen. Beide Seiten vereinbarten einen Kaufpreis von 30 Dollar je Aktie. Die Apollo-Titel verloren knapp fünf Prozent.
Die Papiere von Shopify sprangen um fast ein Viertel nach oben. Der kanadische Software-Anbieter für den Online-Handel streicht zum zweiten Mal in zehn Monaten Stellen und verkauft das Logistikgeschäft an den Logistikdienstleister Flexport.
Im späten New Yorker Devisenhandel verlor der Euro nach einer erneuten Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) an Boden und notierte zuletzt auf 1,1015 US-Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs auf 1,1074 (Mittwoch: 1,1043) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,9030 (0,9055) Euro gekostet.
Von der Verunsicherung an den US-Aktienbörsen profitierten die als sicher geltenden US-Staatsanleihen. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) stieg um 0,43 Prozent auf 116,41 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Papiere fiel auf 3,37 Prozent. (awp/mc/pg)