US-Schluss: Anleger feiern Machtwechsel mit Kursrekorden
New York – Deutlicher hätte die Reaktion der US-Investoren auf den Wechsel im Weissen Haus am Mittwoch kaum sein können: Am Tag des Machtübergangs von Donald Trump zu Joe Biden erklommen die Kurse weitere Höchststände. Vor allem an der technologielastigen Nasdaq-Börse griffen die Anleger beherzt zu. Der Dow Jones Industrial als wohl bekanntester Aktienindex weltweit schaffte es kurz vor der Schlussglocke ebenfalls noch auf ein weiteres Rekordhoch. Mit einem Plus von 0,83 Prozent auf 31’188,38 Punkte ging der Dow aus dem Handel.
Mit einem Aufruf zu Einheit und Versöhnung hat Joe Biden sein Amt als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika angetreten. Der 78-Jährige legte in einer feierlichen Zeremonie vor dem US-Kapitol in der Hauptstadt Washington seinen Amtseid ab. Kamala Harris wurde als erste Vizepräsidentin des Landes vereidigt. Biden sagte in seiner Antrittsrede, ohne Einheit könne es keinen Frieden und keinen Fortschritt geben, sondern nur Verbitterung und Ärger.
«Joe Biden will die Wirtschaft unbedingt stärken», lenkte Analyst David Madden vom Broker CMC Markets den Blick auf die Hoffnungen und Erwartungen an den Börsen. Über das bereits angekündigte 1,9 Billionen US-Dollar schwere Hilfspaket hinaus werde der neue Präsident voraussichtlich weitere Mittel in Infrastruktur, Energieversorgung und Bildung investieren. «Die Finanzmärkte setzen darauf, dass noch mehr Geld bereit steht, denn Joe Biden wird einen guten Start hinlegen wollen», vermutete Madden.
Den Nasdaq 100 trieben die Aktienkäufe um 2,31 Prozent nach oben auf 13’296,45 Zähler. Er erreichte ebenso wie der sehr breit aufgestellte Nasdaq Composite ein Rekordhoch. Hier sorgten starke Quartalszahlen des Online-Videoanbieters Netflix für zusätzlichen Schub. Die Aktien schossen um fast 17 Prozent nach oben und erreichten ebenfalls einen Höchststand. Mit dem 500 Unternehmen umfassenden S&P 500 ging es um 1,39 Prozent auf 3851,85 Zähler nach oben ebenfalls auf ein Rekordhoch.
Netflix ist zum Jahresende dank Serienhits wie «The Queen’s Gambit», «Bridgerton» und «The Crown» und trotz eines verschärften Konkurrenzkampfs stark gewachsen. Die Geschäftszahlen übertrafen die eigene Prognose und die Erwartungen der Analysten deutlich. Bei der Zahl der zahlenden Abonnenten knackte das Unternehmen die Marke von 200 Millionen. Nach der Kurs-Rally wird das Unternehmen an der Börse nun mit 260 Milliarden Dollar bewertet.
Auf ein Rekordhoch schafften es von den Schwergewichten auch die Aktien der Google-Holding Alphabet, die um gut fünf Prozent zulegten. Mehrere Analysten hatten sich jüngst für die Papiere ausgesprochen. Im Leitindex Dow lagen mit Microsoft, Apple und Salesforce ebenfalls drei Tech-Schwergewichte auf den vordersten Plätzen.
Die ebenfalls an der Nasdaq notierten Anteilscheine von Alibaba rückten um 5,5 Prozent vor. Erstmals seit Ende Oktober trat der Gründer des chinesischen Online-Giganten, der Milliardär Jack Ma, wieder öffentlich in Erscheinung. Chinesische Staatsmedien verbreiteten eine Video-Botschaft des 56-Jährigen, mit der er sich den Berichten zufolge an 100 Lehrer im ländlichen Raum richtete. Ma kündigte in dem Video an, sich noch mehr als bislang für karitative Zwecke einsetzen zu wollen. Der Milliardär war seit Ende Oktober nicht mehr öffentlich aufgetreten, seit er in einer Rede die chinesischen Regulatoren scharf kritisiert hatte.
Die beiden im Dow enthaltenen Titel Procter & Gamble und UnitedHealth konnten dagegen mit ihren Quartalszahlen keine positiven Impulse mehr setzen. Sowohl die Aktien des Konsumgüterherstellers als auch die des Krankenversicherers gaben nach.
Der Euro holte vorangegangene Verluste im späten New Yorker Handel wieder auf und notierte zuletzt bei 1,2105 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,2101 (Dienstag: 1,2132) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8264 (0,8243) Euro gekostet.
US-Staatsanleihen zeigten sich von den Ereignissen in Washington wenig beeindruckt. Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) lag zuletzt mit 0,05 Prozent auf 137,02 Punkte moderat im Plus. Die Rendite der zehnjährigen Anleihe gab entsprechend auf 1,08 Prozent leicht nach. (awp/mc/ps)