New York – Eine Rede von Jerome Powell hat die Anleger am Freitag an der Wall Street wieder in Aktien gelockt. Der US-Notenbankchef erfüllte eher die Wünsche derer, die in puncto Geldpolitik auf gelassene Aussagen hofften. Der Dow Jones Industrial stieg am Ende um 0,69 Prozent auf 35’455,80 Punkte. Damit fuhrt der New Yorker Leitindex ein Wochenplus von fast einem Prozent ein.
Auch die übrigen New Yorker Indizes legten zu, sie erreichten wieder einmal Rekordhöhen: Der marktbreite S&P 500 gewann letztlich 0,88 Prozent auf 4509,37 Punkte und für den technologielastigen Nasdaq 100 ging es sogar um 1,01 Prozent auf 15’432,95 Zähler hoch. Beim Dow fehlten allerdings noch 175 Punkte zu einer Bestmarke, die mittlerweile schon fast zwei Wochen alt ist.
Powells Rede galt seit Tagen schon als zentrales Thema an den Finanzmärkten. Er stellte zwar eine Reduzierung der Fed-Anleihekäufe noch in diesem Jahr in Aussicht, wies aber auf die derzeit wieder von dem Coronavirus ausgehenden Gefahren hin. Der Währungshüter betonte ausserdem, dass eine Reduzierung der Anleihekäufe noch kein unmittelbares Zeichen für eine baldige Zinserhöhung sei.
Für die Anleger waren die Aussagen so vorsichtig wie erhofft und ohne die von manchen befürchteten Details geblieben. «Keine Nachrichten fungieren derzeit als gute Nachrichten», urteilte Marktbeobachter Timo Emden von Emden Research. «Solange die US-Notenbank im Nebel stochert, kann der Aktienmarkt im Niedrigzins offensichtlich weiter einen Nährboden finden», betonte der Experte.
Gefragt waren in der Folge der Powell-Rede die Ölwerte, angetrieben von steigenden Rohstoffpreisen auch beim Rohöl. Die Aktien von Chevron gehörten im Dow mit 1,5 Prozent zu den grösseren Gewinnern. ConocoPhillips und ExxonMobil fielen im breiteren Markt mit Anstiegen von bis zu 2,9 Prozent positiv auf.
Aber auch viele Wachstumswerte aus der Technologiebranche, für die niedrige Zinsen als wichtiges Standbein ihrer Geschäftsdynamik gelten, fielen positiv auf. Dazu zählten viele Chipwerte an der Nasdaq-Börse und die dort rekordhohen Titel des Google-Mutterkonzerns Alphabet.
Im Dow gewannen Walt Disney in der Spitzengruppe zwei Prozent, nachdem es in einem Bericht des «Wall Street Journal» geheissen hatte, man spreche mit Wettanbietern über eine Markenlizenz des Sportsenders ESPN. Dies verhalf auch den namentlich erwähnten Glücksspiel-Konzernen Caesars Entertainment sowie Draftkings deutlich nach oben.
Quartalszahlen enthielten wieder einmal Licht und Schatten für die Anleger. Vor allem die um neun Prozent anziehenden Aktien von Workday waren rege gefragt, nachdem das Cloud-Software-Unternehmen im zweiten Quartal positiv überrascht hatte.
Auf der Schattenseite standen vor allem die Anteilscheine von Peloton mit einem Kursrutsch um 8,6 Prozent. Der Fitnessgeräte-Spezialist, der in der Pandemie als Lockdown-Gewinner galt, berichtete für das vergangene Quartal eine Wachstumshalbierung und verunsicherte die Anleger zudem mit einem nicht näher definierten Buchhaltungsproblem.
Im Computer-Hardware-Bereich mussten die Aktionäre von Dell ein Minus von 4,5 Prozent einstecken, obwohl es zu den Resultaten durchaus positive Stimmen gab. Hier wurde am Markt auf Gewinnmitnahmen nach zuletzt gutem Lauf verwiesen.
Die Aktien des Essenslieferdienstes Doordash verloren 1,6 Prozent. Zum Stimmungsdämpfer wurde hier, dass die US-Metropole New York die Branche jetzt länger stärker regulieren will.
Gute Nachrichten gab es aber noch für die Aktionäre von Manchester United. Die in New York gehandelten Aktien des Fussballclubs zogen um fast sechs Prozent an, nachdem überraschend die Verpflichtung des Superstars Cristiano Ronaldo von Juventus Turin vermeldet wurde.
Der Euro ist am Freitag nach der Powell-Rede zeitweise über die Marke von 1,18 Dollar zurückgekehrt. Zuletzt wurden 1,1797 US-Dollar gezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs vor seinen Aussagen noch auf 1,1761 (Donnerstag: 1,1767) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8503 (0,8498) Euro.
Die Kurse von US-Staatsanleihen sind derweil am Freitag auch etwas gestiegen. Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) legte um 0,26 Prozent auf 133,94 Punkte zu. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen fiel im Gegenzug auf 1,30 Prozent. (awp/mc/ps)