US-Schluss: Dow beendet nervösen Handel sichtlich erholt
New York – Düstere Signale vom US-Arbeitsmarkt in Zeiten der Viruskrise haben am Donnerstag an der Wall Street die Nervosität hoch gehalten. Eine Rally an den Ölmärkten und in der Folge auch bei Ölwerten ebnete dem Dow Jones Industrial nach schwankendem Verlauf den Weg zu einer Erholung von seinen deutlichen Vortagsverlusten. Ins Ziel ging der Leitindex 2,24 Prozent höher bei 21’413,44 Punkten. Er stand damit unweit seines früh erreichten Tageshochs.
Seine New Yorker Indexkollegen folgten ihm nach oben: Der marktbreite S&P 500 stieg um 2,28 Prozent auf 2526,90 Zähler, während der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 2,00 Prozent auf 7635,66 Punkte gewann.
Während in den USA mittlerweile deutlich mehr als 200’000 Infektionen bekannt sind, wachsen auch die mit dem Virus verbundenen Rezessionssorgen. Die vermeldete Zahl von 6,65 Millionen Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe bedeutete eine Verdopplung zur Vorwoche, als der Wert schon Rekordhöhen erreicht hatte. Im Blickfeld steht nun der am Freitag erwartete offizielle Arbeitsmarktbericht für den Monat März.
Als Kurstreiber an den Ölmärkten fungierte eine Twitter-Nachricht von Donald Trump. Der US-Präsident teilte unter Berufung auf ein Gespräch mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman mit, er «erwarte und hoffe», dass Russland und Saudi-Arabien ihre Produktion um zehn oder möglicherweise sogar 15 Millionen Barrel kürzen könnten. Die Rally verlor jedoch wieder etwas an Schwung, weil der Kreml die Darstellung umgehend zurückwies.
In den grossen Indizes versammelten sich Ölaktien dennoch unter den grössten Gewinnern. Chevron und ExxonMobil schossen an der Dow-Spitze um 11 beziehungsweise 7,65 Prozent hoch. Im S&P rückten die Papiere von ConocoPhillips um gut 14 Prozent und jene von Occidental Petroleum sogar um knapp 19 Prozent vor. Papiere des Industriedienstleisters Schlumberger sprangen dort ausserdem um 10 Prozent hoch.
Auch Banken erholten sich von ihrer jüngsten Schwäche wegen der Sorgen vor den Folgen der Viruskrise. Die US-Notenbank Fed lockerte übergangsweise eine wichtige Verschuldungsregel für US-Grossbanken. Dies soll ein Jahr Bestand haben und werde den Kapitalbedarf der Banken um rechnerisch zwei Prozent verringern. Goldman Sachs und JPMorgan schafften es im Dow mit bis zu 3,7 Prozent unter die Gewinner.
Eine negative Ausnahme im Leitindex waren vor allem die um 5,7 Prozent weiter abgesackten Boeing-Aktien. Hier hiess es, der Flugzeugbauer biete seinen Mitarbeitern angesichts der Viruskrise Abfindungs- und Vorruhestandspakete an, um die Auswirkungen des Coronavirus auf das Geschäft zu mildern. Auch bei Fluggesellschaften ging der Kursrutsch am Donnerstag weiter. American Airlines markierten im Verlauf bei exakt 10 Dollar ein Rekordtief.
Schlusslicht im Dow waren die eher gering gewichteten Aktien von Walgreens Boots Alliance, die mit einem Rücksetzer um 6,3 Prozent auf den tiefsten Stand seit 2013 abrutschten. Als Grund galt hier nach der Vorlage von eigentlich erfreulichen Quartalszahlen der mit Unsicherheiten behaftete Blick voraus. Die Apothekenkette will ihre Jahresziele deshalb erst bei der nächsten Quartalsbilanz aktualisieren.
Bei dem Tabakriesen Altria sorgte es für einen Kursrutsch um 3,7 Prozent, dass sich die US-Wettbewerbshüter gegen den Einstieg bei der umstrittenen E-Zigarettenfirma Juul ausgesprochen haben. Der Marlboro-Hersteller hatte sich im Dezember 2018 für 12,8 Milliarden US-Dollar bei Juul eingekauft.
Am Devisenmarkt litt der Euro weiter unter der Flucht der Anleger in den US-Dollar. Nach dem Krisentief im März fiel der Eurokurs mit zuletzt 1,0863 Dollar ein weiteres Mal deutlich unter die Marke von 1,09 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zwischenzeitlich auf 1,0906 (Mittwoch: 1,0936) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9169 (0,9144) Euro.
US-Anleihen gaben angesichts der steigenden Aktienmärkte nach. Richtungweisende zehnjährige Papiere sanken um 9/23 auf 108 16/32 Punkte. Sie rentierten mit 0,61 Prozent. (awp/mc/ps)