New York – Die US-Börsen haben am Freitag nach guten Nachrichten neue Rekordstände erklommen. Allerdings verpuffte die Anfangseuphorie nach Schottlands Verbleib bei Grossbritannien und dem fulminanten Börsengang von Alibaba schnell. Offenbar nahmen die Anleger zum Schluss Gewinne mit, nachdem die Wall Street schon vortags vom bestätigten Niedrigzins-Versprechen der US-Notenbank Fed profitiert und ihren Aufwärtstrend mit Höchstständen gekrönt hatte.
Der Dow Jones Industrial notierte im frühen Handel bei 17 350,64 Punkten so hoch wie nie zuvor in seiner Geschichte. Von da an ging es fast nur abwärts. Zum Börsenschluss behauptete der Leitindex noch ein Plus von 0,08 Prozent auf 17 279,74 Punkte – auf Wochensicht legte er damit um 1,72 Prozent zu. Auch der marktbreite S&P-500-Index hatte zunächst mit einem Anstieg bis auf 2019,26 Punkte seinen Rekordkurs fortgesetzt – er stand am Ende 0,05 Prozent im Minus bei 2010,40 Punkten. Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 sank um 0,07 Prozent auf 4100,09 Punkte.
Der oft kursbewegende «grosse Verfall» – auch «Hexensabbat» genannt -, zu dem Terminkontrakte auf Aktien und Indizes an den Terminbörsen auslaufen, trat vor dem Wochenende ebenso in den Hintergrund wie verhalten ausgefallene Konjunkturdaten.
Mit dem Ergebnis der Abstimmung in Schottland seien nun alle Risiken aus dem Weg, wenngleich ein Sieg der Unabhängigkeits-Befürworter offenbar zu keiner Zeit wirklich wahrscheinlich gewesen sei, schrieb Marktanalyst Craig Erlam vom Broker Alpari. Daher falle die Reaktion der Börsen auch weniger stark aus als gedacht. Nach offiziellen Angaben sprachen sich 55,3 Prozent aller Stimmberechtigten für den Verbleib im Vereinigten Königreich aus.
Zudem bewegte der Börsengang von Alibaba die Anleger. Der erste Kurs für die Aktie des chinesischen Online-Einzelhändlers lag bei 92,70 US-Dollar – 36 Prozent mehr als der bereits hohe Ausgabepreis von 68 Dollar, mit dem der Konzern die Weichen für den bisher weltweit grössten Börsengang gestellt hatte. Angepeilt ist damit ein Emissionserlös von mindestens 21,8 Milliarden Dollar. Bereits vor dem Börsengang war die Nachfrage der Investoren so rege, dass der Konzern das obere Ende der Preisspanne für seine Anteilsscheine von 66 auf 68 Dollar erhöht hatte. Nach einem Hoch bei 99,70 Dollar notierten die Titel zum Börsenschluss bei 93,89 Dollar.
Ebenfalls für Gesprächsstoff sorgte eine Übernahme. Der deutsche SAP-Konzern will für 8,3 Milliarden Dollar die US-amerikanische Concur Technologies schlucken, einen Anbieter von Firmensoftware für das Reisemanagement. Während die SAP-Aktien in Deutschland unter anderem wegen des hohen Kaufpreises deutlich nachgaben, ging es für Concur um 17,64 Prozent nach oben.
Grund zur Freude für die Aktionäre gab es auch bei den Papieren des Kompressoren-Herstellers Dresser-Rand, die um 9,42 Prozent vorrückten. Offenbar bahnt sich ein Bietergefecht zwischen Siemens und dem Schweizer Sulzer-Konzern um das US-Unternehmen an. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtete, bereitet Siemens ein Angebot über mindestens 6,5 Milliarden Dollar vor. Die Aktien des Münchner Elektrokonzerns zeigten sich schwach – noch deutlicher ging es bei Sulzer in Zürich bergab.
Im Fokus standen zudem die Titel von Oracle. Sie sanken um 4,02 Prozent, nachdem der SAP-Konkurrent am Vortag nach Börsenschluss mit den Zahlen für das erste Quartal den Rückzug von Larry Ellison von der Konzernführung angekündigt hatte. Ellison wird künftig dem Verwaltungsrat vorstehen und sich als CTO um die technische Entwicklung kümmern. Oracle wies zudem weniger Umsatz als erwartet und einen stagnierenden Quartalsgewinn aus. (awp/mc/upd/ps)