New York – Die Rekordjagd an der Wall Street hält an – auch dank guter Geschäftszahlen der amerikanischen Grossbank JPMorgan. Ein Aktienhändler machte zudem die Erwartung einer weiter lockeren US-Geldpolitik für die erneuten Höchststände der Standardwerte-Indizes verantwortlich – trotz guter Konjunkturdaten, welche laut Analyst Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) die Erwartung steigender Zinsen zumindest «tendenziell belebten».
Der Dow Jones Industrial markierte bei 18 537,57 Punkten den höchsten Stand seiner Geschichte und schloss 0,73 Prozent fester bei 18 506,41 Punkten. Damit schaffte der US-Leitindex den fünften Gewinntag in Folge – lediglich zur Wochenmitte hatte er eine Verschnaufpause eingelegt und nur ein knappes Plus ins Ziel gerettet. Für den marktbreiten S&P-500-Index ging es am Donnerstag bis auf 2168,99 Punkte nach oben, bevor er sich 0,53 Prozent fester bei 2163,75 Punkten aus dem Handel verabschiedete.
Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 gewann 0,67 Prozent auf 4596,49 Punkte, womit er seinen bisherigen Jahresverlust endgültig wettmachte.
Die jüngsten Konjunkturdaten aus den USA fielen positiv aus: Während die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe entgegen dem erwarteten Anstieg stagniert hatten, hatten die Erzeugerpreise im Juni stärker zugelegt als von Volkswirten prognostiziert worden war.
Experte Umlauf sprach von einer unverändert robusten Beschäftigungsentwicklung in der weltgrössten Volkswirtschaft. Zudem sei der Preisdruck etwas höher als erwartet, was insbesondere die Kernteuerung zeige – dabei werden die schwankungsanfälligen Sektoren Lebensmittel und Energie ausgeklammert. Mit Blick auf die an diesem Freitag anstehenden Konsumentenpreise sieht Umlauf daher Überraschungspotenzial nach oben.
Bei den Einzelwerten stach JPMorgan positiv heraus: Die Aktien der Bank eroberten mit plus 1,52 Prozent einen der vorderen Plätze im Dow Jones. Trotz grosser Unsicherheiten an den Finanzmärkten fährt das Institut weiter Milliardengewinne ein – im zweiten Quartal übertraf es mit seinem Ergebnis je Aktie (EPS) die Analystenerwartungen klar. Den Jahresausblick hob JPMorgan dennoch nicht an.
Die Titel von JPMorgan-Konkurrent Goldman Sachs legten an der Indexspitze um 2,93 Prozent zu. Auch bei der Bank of America , Morgan Stanley und der Citigroup konnten sich die Anteilseigner über deutliche Kursgewinne freuen.
Eine Ergebnissteigerung im abgelaufenen Quartal liess die Aktien der Fluggesellschaft Delta Air Lines um 3,59 Prozent steigen. Die Fastfoodkette Yum Brands hob nach Vorlage ihrer Quartalszahlen ihre Gewinnprognose an, was den Aktien ein Plus von 2,95 Prozent bescherte.
Die Monsanto-Titel schüttelten ihre Anfangsschwäche schnell ab und gewannen 3,06 Prozent auf 104,22 US-Dollar. Die Anhebung des angebotenen Übernahmepreises durch Bayer von bisher 122 auf 125 Dollar gab der Aktie allerdings keinen Schub.
Das neue Bayer-Angebot dürfte nicht ausreichen, um die Aktionäre des US-Saatgutkonzerns zu überzeugen, schrieb Bernstein-Analyst Jonas Oxgaard. Die Veröffentlichung des laut Bayer schon Anfang Juli übermittelten Angebots sieht er auch als Reaktion auf Meldungen, wonach Monsanto die Gespräche mit Bayer-Konkurrent BASF über eine Kombination der jeweiligen Agrarchemie-Sparten wieder aufgenommen hat.
Die Papiere von Cree sprangen um knapp 11 Prozent hoch. Sie profitierten davon, dass der deutsche Halbleiterhersteller Infineon dem US-Konzern die Sparte für Verbindungshalbleiter abkaufen will. Für eine führende Position bei entsprechenden Leistungschips legt der Dax-Konzern 850 Millionen Dollar hin.
Grund zur Freude gab auch der bisher grösste Tech-Börsengang des Jahres. In New York startete der Kurzmitteilungsdienstes Line mit einem kräftigen Kurssprung in den Handel. Das Papier gab seinen Einstand bei 42 Dollar und kostete zum Schluss 41,58 Dollar – der Ausgabepreis von 3300 Yen war für die US-Börse auf 32,84 Dollar umgerechnet worden und hatte bereits am oberen Ende der Zielspanne gelegen. Für den morgigen Freitag ist der Börsengang in Tokio geplant.
Line hatte umgerechnet über eine Milliarde Euro eingenommen. Die Technologie-Branche erhofft sich von der Platzierung eine Signalwirkung: Das Klima für Internet-Börsengänge war in diesem Jahr bisher mau.
Der Eurokurs wurde nur kurz vom überraschenden Verzicht der britischen Notenbank auf eine sofortige Zinssenkung beflügelt: Zuletzt stand die Gemeinschaftswährung in New York moderat höher bei 1,1118 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,1157 (Mittwoch: 1,1072) Dollar festgelegt, der Dollar kostete damit 0,8963 (0,9032) Euro. Richtungweisende zehnjährige US-Staatsanleihen sanken im risikofreudigen Umfeld um 18/32 Punkte auf 100 26/32 Punkte und rentierten mit 1,54 Prozent. (awp/mc/pg)