US-Schluss: «Beige Book» dämmt Verluste etwas ein
New York – Der Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed («Beige Book») hat die Tagesverluste an den US-Börsen am Mittwoch zumindest etwas eingedämmt. Zuvor hatten starke Stimmungsdaten aus der heimischen Industrie Ängste vor einer aggressiven geldpolitischen Straffung geweckt.
Der Dow Jones Industrial war nach einem freundlichen Start schnell ins Minus gerutscht. Nach zeitweise deutlicheren Abschlägen verlor er am Ende 0,54 Prozent auf 32 813,23 Punkte. Damit knüpfte der Leitindex gleichwohl an seinen moderaten Kursrücksetzer vom Dienstag an – davor hatte er sechs Handelstage in Folge zugelegt und sich so vom tiefsten Stand seit März 2021 erholt. Der marktbreite S&P 500 sank am Mittwoch letztlich um 0,75 Prozent auf 4101,23 Punkte. Der technologielastige Nasdaq 100 verzeichnete ein Minus von 0,74 Prozent auf 12 548,36 Zähler.
Dem Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM) zufolge verbesserte sich die Stimmung in der US-Industrie im Mai überraschend. Volkswirte hatten hingegen mit einer Stimmungseintrübung gerechnet. Dagegen heisst es im «Beige Book», dass sich das Wirtschaftswachstum in den USA zuletzt abgeschwächt habe. In allen zwölf Distrikten der Fed sei die Wirtschaftsleistung aber weiter gewachsen.
Im weiteren Wochenverlauf stehen noch Daten zum Arbeitsmarkt an, die für mehr Klarheit bezüglich der weiteren Wirtschaftsentwicklung sorgen könnten. Am Donnerstag berichtet der Arbeitsmarkt-Dienstleisters ADP über die Beschäftigungsentwicklung in der Privatwirtschaft im Mai. Dazu kommen die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe. Beide Datensätze gelten vielen Anlegern als Indikator für den am Freitag erwarteten monatlichen Arbeitsmarktbericht der US-Regierung.
In der vergangenen Woche waren Fed-Aussagen als Beleg für eine nur allmähliche Anhebung der Zinsen in den USA gewertet worden. Jeffrey Halley vom Broker Oanda sprach von Stimmungsschwankungen an den Märkten, wobei Schnäppchenjäger immer verzweifelter versuchten, ein zyklisches Tief zu finden.
Die Fed hat in diesem Jahr ihre Zinsen bereits zweimal erhöht. An diesem Mittwoch beginnt sie zudem mit dem Abschmelzen ihrer durch Wertpapierkäufe aufgeblähten Bilanz, diese waren in der Pandemie als Konjunkturstütze durchgeführt worden.
Die Strategen der Citigroup gehen inzwischen davon aus, dass nach den ersten schwierigen fünf Monaten der Gegenwind an den Börsen noch nicht vorbei sein dürfte. Dabei sehen sie als weiteres Problem für die verunsicherten Anleger das Risiko sinkender Gewinnprognosen durch die Firmen.
Unternehmensnachrichten wurden zur Wochenmitte unterschiedlich aufgenommen. Für einen Paukenschlag kurz vor Handelsschluss sorgte der angekündigte Rücktritt der Meta-Top-Managerin Sheryl Sandberg. Der Kursverlust beim Facebook-Mutterkonzern hielt sich mit letztlich gut zweieinhalb Prozent aber in Grenzen, zumal die Aktie sich in den vergangenen Tagen wieder von ihrem tiefsten Stand seit April 2020 erholt hatte.
Der Softwarekonzern Salesforce begeisterte hingegen mit einer höheren Gewinnprognose. Dass der SAP -Konkurrent nun einen niedrigeren Jahresumsatz in Aussicht stellt, störte die Anleger nicht, wie der Kurssprung von knapp zehn Prozent zeigte.
Beim Computer-Hersteller HP Inc konnten sich die Aktionäre nach den Quartalszahlen über einen Kursanstieg von fast vier Prozent freuen.
Derweil rechnet die Fluggesellschaft Delta Air Lines für das zweite Quartal mit einem Umsatz auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Die Aktien schwankten heftig – am Ende verloren sie über fünf Prozent.
Aktien von S&P Global büssten ähnlich deutlich ein. Der Finanzdienstleistungskonzern hat wegen der sich verschlechternden makroökonomischen Bedingungen seine Finanzprognose auf Eis gelegt – neue Ziele sollen voraussichtlich erst mit den Zahlen zum zweiten Quartal genannt werden. Die enttäuschten Anleger straften auch Konkurrent Moody’s mit einem Kursminus von fast sechseinhalb Prozent ab.
Der Euro geriet angesichts des starken ISM-Index weiter unter Druck und kostete zum Handelsende an der Wall Street 1,0650 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs noch auf 1,0712 (Dienstag: 1,0713) Dollar festgesetzt; der Dollar hatte damit 0,9336 (0,9335) Euro gekostet.
US-Staatsanleihen litten unter der im Tagesverlauf nachlassenden Risikoscheu der Anleger: Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) weitete sein moderates Anfangsminus aus – zuletzt verlor er 0,64 Prozent auf 119,08 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen stieg auf 2,91 Prozent. (awp/mc/ps)