New York – An der Wall Street ist nach der jüngsten Rally wieder ein Stück weit Ernüchterung eingekehrt. Die wichtigsten Aktienindizes gaben am Mittwoch etwas nach. Für Belastung sorgten Umsatzzahlen aus dem Einzelhandel: Die Erlöse waren im September erstmals seit gut einem halben Jahr wieder gesunken. Zudem sahen Marktbeobachter angesichts neuer Spannungen zwischen den USA und China die Chancen für ein umfassendes Handelsabkommen beider Länder ein wenig schwinden.
Der Dow Jones Industrial fiel um 0,08 Prozent auf 27’001,98 Punkte, nachdem der US-Leitindex am Dienstag noch die Marke von 27 000 Punkten zeitweise deutlich hinter sich gelassen hatte. Der marktbreite S&P 500 schloss 0,20 Prozent tiefer bei 2989,69 Zählern und der technologielastige Nasdaq 100 verlor 0,29 Prozent auf 7920,21 Punkte.
Die Annahme eines Gesetzentwurfs im US-Abgeordnetenhaus zur Unterstützung der Demokratiebewegung in Hongkong hatte schwere Spannungen zwischen China und den USA ausgelöst. Die Regierung in Peking äusserte «grosse Empörung und kündigte «entschiedenen Widerstand» an. Der US-Gesetzentwurf schreibt Wirtschaftssanktionen vor, wenn China die Autonomie Hongkongs untergraben sollte. Auch soll jährlich geprüft werden, ob die Volksrepublik die Bürgerrechte und den Rechtsstaat in Hongkong gefährdet. Peking warf den US-Parlamentariern eine «schwere Einmischung in innere Angelegenheiten» vor.
Derweil ging in den USA die Berichtssaison der Unternehmen in eine neue Runde. Bereits vor dem Handelsstart hatte die Bank of America mit ihrem Quartalsbericht für Freude gesorgt. Das Geldhaus hatte zwar wegen der Einstellung eines Gemeinschaftsunternehmens einen Gewinneinbruch verzeichnet, doch im Tagesgeschäft war es gut gelaufen. Die Aktien gewannen 1,5 Prozent.
United Airlines hatte mit einem Gewinnsprung überrascht und auch den Quartalsumsatz gesteigert, da der boomende Flugverkehr und gesunkene Spritpreise schwerer wogen als die Probleme mit Boeings Krisenjet 737 Max. Dazu hob die Fluggesellschaft die Jahresziele deutlich an. Für die Aktien ging es um rund 2 Prozent hoch.
Bei den Arzneimittelgrosshändlern Cardinal Health, AmerisourceBergen und McKesson konnten sich die Anleger über Kursgewinne zwischen gut 2 und fast 5 Prozent freuen. Kurz vor einem US-Prozess um süchtig machende Schmerzmittel verhandeln die Unternehmen laut einem Bericht des «Wall Street Journal» mit Klägeranwälten über einen milliardenschweren Vergleich.
An der Dow-Spitze bauten die Aktien von Johnson & Johnson ihre Vortagesgewinne aus und stiegen um 1,8 Prozent. Der Pharmakonzern hatte am Dienstag die Messlatte für das Gesamtjahr höher gelegt.
Klares Schlusslicht im Nasdaq 100 waren die Anteilscheine von Workday, die um mehr als 11 Prozent absackten. Nach einer Kapitalmarktveranstaltung des Anbieters von cloudbasierter Software für Rechnungswesen, Personalverwaltung und Unternehmensplanung hatten Analysten Sorge bezüglich des Wachstums im Personalmanagement-Geschäft geäussert.
Der Euro profitierte weiter von der Aussicht auf einen Brexit-Deal und kostete zuletzt 1,1074 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1025 (Dienstag: 1,1007) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,9070 (0,9085) Euro gekostet. Richtungweisende zehnjährige US-Staatsanleihen stiegen angesichts der leichten Verluste an der Wall Street um 7/32 Punkte auf 98 29/32 Punkte. Sie rentierten mit 1,745 Prozent. (awp/mc/ps)